Parteileben

Vier Jahre Stillstand

von Elke Ferner · 8. Juli 2013

Kurz vor den Wahlen plaudert die Wahlkämpferin Angela Merkel gern medienwirksam vor weiblichem Publikum und will so offensiv um Wählerinnen werben. Dabei ist sie als Regierungschefin für fast vier Jahre Stillstand in der Gleichstellungspolitik verantwortlich.

Angela Merkel gibt sich modern, macht aber eine erzkonservative Politik und versucht, ihre desaströse Politik schön zu reden. Zu dieser Schönrederei gehört auch, dass die Frauenerwerbsquote bei uns auf 67 Prozent gestiegen sei. Die gestiegene ­Frauenerwerbsquote geht aber ausschließlich auf den Anstieg prekärer Beschäftigung zurück: Schlecht bezahlte Teilzeit und Minijobs sind in Deutschland meist Frauensache.

Das führt zum Verlust der Qualifikation und in die berufliche Sackgasse. Anstatt dem mit einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, einem Gesetz zur Durchsetzung der Entgeltgleichheit und der Bekämpfung des Missbrauchs und der Neuordnung der Minijobs entgegenzutreten, erhöht die Merkel-Regierung die Minijob-Grenze, blockiert den Mindestlohn und die Durchsetzung der Entgeltgleichheit.

Die Gleichstellung tritt auf der Stelle

Das führt Frauen nicht nur schnurstracks in die Altersarmut, sondern zementiert die Rolle der Frau als Hinzuverdienerin. Das passt zu dem, was die Bundesarbeitsministerin – auch eine dieser Unionsblenderinnen – nicht auf die Reihe bekommen hat: Die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt tritt in Zeiten von Schwarz-Gelb auf der Stelle. Ein modernes Frauenbild sieht anders aus.

Selbst hoch qualifizierte, Vollzeit arbeitende Frauen lässt die Bundeskanzlerin im Regen stehen. Ihre Weigerung, eine Quote für Aufsichtsräte und Vorstände einzuführen, zeigt ganz deutlich: Die erste Kanzlerin ist nicht bereit, für die Gleichstellung von Frauen und Männern Flagge zu zeigen oder etwas zu riskieren. Die Merkel-Jahre beweisen: ­Politik „durch“ Frauen ist noch lange ­keine Politik „für“ Frauen.

Benachteiligungen verschärft

Mit dem Ersten Gleichstellungsbericht erhielt die Regierung Merkel eine Blaupause für eine  Gleichstellungspolitik aus einem Guss, die die unterschiedlichen Bedürfnisse von Frauen und Männern über den gesamten Lebensverlauf in den Blick nimmt. Doch dieser wirklich gute Bericht landete in der Schublade. Keine einzige der Ministerinnen im Kabinett Merkel und auch Merkel selbst haben auch nur eine der vielen Forderungen umgesetzt.

Im Gegenteil: Häufig wurden die Benachteiligungen noch verschärft. Paradebeispiele dafür sind die Anhebung der Minijob-Grenze und das Betreuungsgeld. Anstatt mehr Geld für die frühkindliche Bildung und die Betreuungsinfrastruktur auszugeben, wird das Familienbild der 1960er Jahre wieder in Beton gegossen.

Wenn es um die Haushaltssanierung geht, wird die aktive Arbeitsmarktpolitik gnadenlos zusammengestrichen. Während Hoteliers und reiche Erben entlastet wurden, strich die Regierung Merkel das Elterngeld für Langzeitarbeitslose. Bitter für rund 130 000 Familien, darunter viele alleinerziehende Frauen. Da passt die nun anvisierte Erhöhung des Kinderfreibetrages, von der nur Gutverdienende profitieren, nahtlos ins Bild.

Angela Merkel ist im 21. Jahrhundert noch nicht angekommen. Anstatt Frauen und Männern ein partnerschaftliches Miteinander im Beruf und der Familie zu ermöglichen, verfestigt sie die Strukturen und mit ihnen die alte Rollenverteilung. Merkel ist und bleibt eben eine Konservative, auch wenn sie versucht, sich einen modernen Anstrich zu geben. Und genau dieser Konservatismus bremst die Gleichstellung der Geschlechter in unserer Gesellschaft aus. Daran ändert auch eine Frau an der Spitze nichts.

Autor*in
Elke Ferner
Elke Ferner

ist Mitglied im Vorstand des Deutschen Frauenrates. Von 2013 bis 2017 war sie Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Ferner war Mitglied im SPD-Parteivorstand sowie ASF Bundesvorsitzende.

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