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Uwe-Karsten Heye: Ein Leben lang gegen rechte Gewalt und Rassismus

Der Kampf gegen rechts und für die Demokratie ist sein Lebensthema – egal ob als Regierungssprecher, vorwärts-Chefredakteur oder Vorsitzender des Vereins „Gesicht zeigen!“. Am Samstag feiert Uwe-Karsten Heye seinen 80. Geburtstag.
von Renate Faerber-Husemann · 31. Oktober 2020
Engagiert gegen rechts und für die Demokratie: Der frühere Regierungssprecher und vorwärts-Chefredakteur Uwe-Karsten Heye feiert seinen 80. Geburtstag.
Engagiert gegen rechts und für die Demokratie: Der frühere Regierungssprecher und vorwärts-Chefredakteur Uwe-Karsten Heye feiert seinen 80. Geburtstag.

Kaum zu glauben: Uwe-Karsten Heye, vorwärts-Chefredakteur von 2006 bis 2010, feiert an diesem Samstag seinen 80. Geburtstag. Andere in seinem Alter sind schon viele Jahre im Ruhestand. Aber Heye sorgt weiterhin lieber für Unruhe. Der Kampf gegen Rechte und Rassisten ist für ihn ein Lebensthema. So lange die Gesundheit mitspielt, wird er sich nicht auf ein gemütliches Sofa zurückziehen.

Heye hat im Jahr 2000 den Verein „Gesicht zeigen. Für ein weltoffenes Deutschland“ gegründet, der längst eine laute und von vielen Menschen unterstützte Stimme gegen jede Form von rechten Umtrieben geworden ist. Die Mitglieder diskutieren zusammen mit Opfern der NS-Diktatur beispielsweise mit jungen Leuten in den Schulen. Nach der Gründung des Vereins reisten Heye und seine vielen Mitstreiter*innen durch Ostdeutschland, sprachen in Schulen und Kirchengemeinden, suchten Verbündete und stützten mutige Oppositionelle.

Doch Heye war immer bewusst, dass die Verherrlichung der braunen Vergangenheit kein einseitiges Ost-Problem war. Schließlich gab es im Westen schon seit den 60er Jahren die rechtsextreme NPD, die es damals fast in den Bundestag geschafft hätte.

Laut, wenn er Menschenrechte verletzt sieht

So behutsam und sensibel der bekannte Journalist im Umgang mit Freunden und Kollegen ist, so laut und deutlich wird er, wenn er Menschenrechte verletzt sieht, wenn gegen Ausländer gehetzt wird und labile junge Leute in den rechten Sumpf gezogen werden. Das ist der rote Faden, der sich durch sein ganzes berufliches und privates Leben zieht.

Während seiner Zeit als Regierungssprecher von Bundeskanzler Gerhard Schröder (1998 bis 2002) galt Uwe-Karsten Heye unter den Kolleg*innen der Bundespressekonferenz als der Denker und Grübler in diesem Job, niemals als jemand, der schnell aus der Hüfte schoss. Sein Ansehen bei den Journalist*innen war groß, denn mit ihm ließ sich diskutieren, er lieferte durchdachte Analysen über den Tag hinaus. Doch er konnte auch austeilen, wenn es nötig war.

Vor der Fußballweltmeisterschaft im Sommer 2006 sorgte Heye für eine Empörungswelle in der Republik. Er hatte vor „No-go-Zonen“ für Ausländer in Ostdeutschland gewarnt, also vor Gefahren für Menschen anderer Hautfarbe. Die Empörung richtete sich nicht gegen diese allseits bekannte Tatsache, sondern gegen denjenigen, der sie ausgesprochen hatte.

Eine Kindheit mit Stoff für einen Roman

Es mag sein, dass seine frühe Kindheitsgeschichte, die Stoff hergeben würde für einen Roman, Heye sensibilisiert hat für jedes Unrecht, das Menschen einander antun. Der Vater war ein zweimal desertierter Wehrmachtssoldat, der deshalb in eine Strafeinheit zum Minenräumen versetzt wurde – und gegen alle Wahrscheinlichkeit überlebte. Die Mutter ließ sich auf politischen Druck hin vom Vater scheiden. Sie lebte mit den Kindern in Danzig, stand auf der Passagierliste der letzten Fahrt der „Wilhelm Gustloff“, die von Torpedos getroffen in der Ostsee unterging. In letzter Minute hatte sie entschieden, mit Sohn und Tochter auf dem Landweg zu fliehen.

Die Familie landete zunächst in Rostock, zog dann nach einigen DDR-Jahren weiter nach Hamburg. Der Vater suchte nach dem Krieg seine Familie und hörte, sie seien Passagiere der „Gustloff“ gewesen und nicht mehr am Leben. Durch einen Zufall fand die Familie sich Jahre später wieder, doch es war zu spät für einen gemeinsamen Neuanfang. Trotz aller familiären Schwierigkeiten und aller inneren Distanz muss es für den jungen Uwe-Karsten eine Erleichterung gewesen sein, dass der Vater nicht einer der viele deutschen Täter gewesen war.

Zum Erstaunen vieler Kolleg*innen und Freunde hat Heye, der diskrete und eher Verschlossene, vor einigen Jahren über die Geschichte seiner Familie geschrieben. „Vom Glück nur ein Schatten“ ist ein sehr persönliches Buch, was auch Freunde überraschte, denn – so formulierte es einer, der ihn lange kannte: „Er ist nie ein Mann gewesen, der sich hinter die elegante Fassade schauen ließ.“

Autor*in
Renate Faerber-Husemann

(† 2023) war freie Journalistin in Bonn und Erhard-Eppler-Biografin.

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