Uli Grötsch: „Ich stehe für eine klare Haltung und klare Botschaften.“
2020sKnol
Seit vier Jahren sind Sie Generalsekretär der Bayern-SPD. Was hat Sie dazu bewogen, jetzt als Parteivorsitzender zu kandidieren?
In den letzten vier Jahren habe ich unsere Partei verdammt gut kennengelernt. Ich habe gespürt und erlebt, dass viel mehr in ihr steckt, als die aktuellen Umfragewerte es hergeben. Viele Genossen, mit denen ich bei meinen Reisen quer durch Bayern in den vergangenen vier Jahren gesprochen habe, brennen wie ich für die Sozialdemokratie und wollen sich ihre Partei nicht klein reden lassen. Bezahlbares Wohnen, gute Arbeit, gerechte Bildung, ein menschliches Gesundheitssystem – wir haben die richtigen Antworten auf viele der Probleme in diesem Land. Dort, wo wir als Sozialdemokraten regieren, machen wir einen echten Unterschied für die Menschen. Ich glaube an diese BayernSPD, die mit ihren vielen idealistischen Mitgliedern ein riesiges Potenzial hat. Dieses Potential möchte ich gemeinsam mit Dr. Ramona Greiner, die mit mir im Team als Generalsekretärin kandidiert, heben, die Leidenschaft bei unseren Genossen wieder entfachen. Wir haben einen sehr konkreten Plan, wie uns das gelingen wird. Er ist auf unserer Homepage nachzulesen.
Im Programm mit Ramona Greiner setzen Sie einen klaren Schwerpunkt auf das Thema soziale Gerechtigkeit. Was bedeutet das bezogen auf Bayern?
Bayern ist ein sehr wohlhabendes Bundesland. Im Durchschnitt geht es den Menschen in Bayern richtig gut. Aber eben nur im Durchschnitt! Auch bei uns in Bayern gibt es ein drastisches Wohlstandsgefälle. Corona hält uns hier den Spiegel vor: Nehmen wir etwa die Situation von Frauen: Vieles was durch die SPD bzw. die AsF in den letzten Jahren und Jahrzehnten erkämpft wurde, muss nun ganz neu verteidigt werden. Etwa die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es sind vor allem die Frauen, die die Familien auch in Bayern zusammenhalten, die zwischen Homeoffice, Homeschooling und dem ganz normalen alltäglichen Wahnsinn extrem gefordert sind. Oder der Bereich Bildung: Die Schere zwischen Arm und Reich wird im Homeschooling-Zeitalter gerade im Bereich Bildung eklatant sichtbar. Ein riesiges Thema, für das wir eigentlich ein eigenes Interview bräuchten.
Sie sind seit 2013 Bundestagsabgeordneter und werden auch im September die Liste der bayerischen SPD anführen. Funktioniert es, Landesvorsitzender zu sein, wenn man alle zwei Wochen in Berlin ist?
Ich werde als Vorsitzender ansprechbar für die Menschen sein und die vielen sitzungsfreien Wochen nutzen, um in ganz Bayern präsent zu sein. Und dank meines als Generalsekretär umgesetzten Herzensprojekt, dem „Roten Netz“, ist die BayernSPD mittlerweile so gut vernetzt, dass ich auch in Sitzungswochen ganz nah dran sein kann an unseren bayerischen Genossen. Meine Vorgänger Florian Pronold und Ludwig Stiegler haben zudem ja bewiesen, dass die Führung einer Landespartei mit einem Bundestagsmandat nicht nur wunderbar funktioniert, sondern einen entscheidenden Vorteil mit sich bringt: die Nähe zu den Entscheidungsträgern im Willy-Brandt-Haus. Dort im Parteivorstand, dem ich ebenfalls seit vier Jahren angehöre, werden viele Entscheidungen getroffen, die auch Auswirkungen auf uns als BayernSPD haben.
In den Umfragen liegt die SPD in Bayern schon lange nur noch im einstelligen Bereich. Wie wollen Sie das ändern?
Als Vorsitzender werde ich vor Ort sein – in den OVs, bei Verbänden, Betrieben, Schulen und Vereinen. Wir müssen wieder dahin, wo der Schuh bei den Menschen drückt, wo es einen Unterschied für sie macht, ob wir da sind oder nicht. Unsere Themen werden wir wieder laut in die Öffentlichkeit tragen. Dabei werde ich vor allem unseren Markenkern wieder sichtbar machen: Die SPD muss immer zuerst die Partei der Arbeit und der sozialen Gerechtigkeit sein! Hierbei hat sich Arbeit in den letzten Jahren und Jahrzehnten natürlich verändert: Wir sind mitten drin im Zeitalter der Digitalisierung und im Zeitalter des Klimawandels. Diese drei Bereiche zueinander zu führen ist eine Aufgabe, die nur die Sozialdemokratie leisten kann. Eifern wir nicht anderen nach, sorgen wir dafür, dass unser Rot leuchtet!
„Wir müssen klarer in unseren Botschaften werden“, fordern Sie. Wie soll das gelingen?
Wer mich kennt der weiß, dass ich niemand bin, der rumschwurbelt. Ich stehe für eine klare Haltung und klare Botschaften. Diese Botschaften müssen wir in einer Sprache verbreiten, die die Menschen auch verstehen. Das kann ich. Dazu kommt, dass wir unsere Pressearbeit in den letzten Monaten auf komplett neue Beine gestellt haben. Wir laufen in den Medien so gut wie seit Jahren nicht. Auch diesen Weg der offensiven Medienarbeit werde ich konsequent weitergehen.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.