Parteileben

Landtagswahl Sachsen-Anhalt 2026: Wie die SPD ihr Ergebnis verdoppeln will

Am Montag hat die SPD in Sachsen-Anhalt Armin Willingmann als Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im kommenden Jahr nominiert. Mit ihm will sie in die Erfolgsspur zurückkehren – und Florian Fahrtmann, erster Generalsekretär in der Geschichte der Landespartei, erklärt, wie das gelingen soll.

von Jonas Jordan · 17. Juni 2025
Florian Fahrtmann ist Generalsekretär der SPD in Sachsen-Anhalt.

Florian Fahrtmann ist Generalsekretär der SPD in Sachsen-Anhalt.

Sind Sie der Franz Müntefering von Sachsen-Anhalt?

Dafür bin ich zu jung, aber was mich mit Franz Müntefering verbindet, ist mit Sicherheit absolute Loyalität zur Partei und nicht zu vergessen, wo wir herkommen, und daraus ableitend, wo wir hinwollen.

Die Frage zielt darauf ab, dass Franz Müntefering 1999 der erste bundesweite SPD-Generalsekretär war. Sie sind der erste in Sachsen-Anhalt. Warum?

Wir haben uns überlegt, wie wir die Sichtbarkeit erhöhen und Botschaften aus dem Landesvorstand und der Partei besser in der Öffentlichkeit platziert kriegen. Das war ein inneres Bedürfnis der Partei.

Sie waren vorher schon Landesgeschäftsführer. Inwiefern unterscheiden sich die beiden Aufgaben?

Landesgeschäftsführer darf ich bleiben. Neben der Organisation und Geschäftsführung der Partei bin ich jetzt auch für die Außendarstellung und Kampagne zuständig. Wir haben die Verantwortung aus dem Landesvorstand zentralisiert und auf mich als Person übertragen. Wir vereinfachen damit Prozesse und geben einer Parteimeinung ein Gesicht.

Florian
Fahrtmann

Wir haben uns ein hohes Ziel gesteckt. Wir wollen unser Ergebnis von 8,4 Prozent mindestens verdoppeln.

Mit Blick auf die Landtagswahl am 6. September 2026: Wie schwer wird die Aufgabe diesmal, nachdem die SPD 2021 8,4 Prozent geholt hat?

Leichter wird es nie, aber wir haben uns ein hohes Ziel gesteckt. Wir wollen unser Ergebnis von 8,4 Prozent mindestens verdoppeln. Ich möchte, dass die SPD die Geschichte erzählt, dass wir a) gebraucht werden, dass wir b) die besten Leute haben und dass wir c) dafür sorgen, dass wir wieder deutlich über die 10 Prozent kommen und die AfD in den nächsten fünf bis zehn Jahren deutlich unter 19 Prozent landet, wenn nicht sogar ganz verschwindet. Das ist auch eine Form von Haltung. Wenn wir diese Geschichte nicht erzählen, dass die Rechtsnationalen hier in Zukunft keine Rolle mehr spielen, dann erzählt sie irgendwann niemand mehr.

Bei der Bundestagswahl im Februar kam die SPD in Sachsen-Anhalt auf 11 Prozent der Zweitstimmen. Wie wollen Sie das bis September 2026 auf mindestens 16,8 Prozent steigern?

Wir haben mit unserem Spitzenkandidaten, dem stellvertretenden Ministerpräsidenten und stellvertretenden Landesvorsitzenden Armin Willingmann, eine Person, die hochprofessionell den Politikbetrieb kennt, eine extrem sympathische Person ist und es schafft, die Partei hinter sich zu vereinen. Da sind wir im Gegensatz zu CDU und AfD eine vernünftige, wählbare Alternative. Ich erhoffe mir auch Rückendeckung aus dem Bund, wenn der wirtschaftliche Aufschwung jetzt kommt. Ich möchte einfach, dass die Partei wie auch die Bevölkerung positiv auf Sachsen-Anhalt guckt. Wenn ich mir unsere Spitzenpolitiker der SPD in Sachsen-Anhalt angucke, bleibt mir keine andere Betrachtungsweise, als dass wir echt Top-Leute haben, die der CDU regelmäßig in der Regierung den Arsch retten. Wir müssen in den nächsten 15 Monaten dafür sorgen, dass wir das auch so verkaufen.

Florian
Fahrtmann

Wir kennen die Debatten in Deutschland über Politiker ohne Berufsabschluss. Armin Willingmann ist das Gegenteil.

Ihr Spitzenkandidat Armin Willingmann wurde mehrfach zum Minister des Jahres gekürt. Was zeichnet ihn aus?

Er ist niemand, der sich wie Markus Söder in Talkshows setzt und den Populismus bedient. Er hat eine sehr klare, deutliche Sprache. Er ist Profi bei dem, was er tut. Er kommt aus der normalen Welt, war Professor an der Hochschule im Harz, wo ich auch herkomme, hat da ein riesiges Know-how. Er ist jemand, der von Anfang an bis zum Schluss Dinge durchzieht und nicht umfällt, sondern immer sehr respektvoll, aber zielorientiert arbeitet. Das schätzen sehr viele Leute bei uns in der SPD und gerade die Wirtschaftsunternehmen. Das schätzen auch viele Leute in Sachsen-Anhalt an ihm. Wenn man das als Marke verkaufen kann, ist das ein echtes Angebot. Wir kennen die Debatten in Deutschland über Politiker ohne Berufsabschluss. Armin Willingmann ist das Gegenteil.

Er ist stellvertretender Ministerpräsident in einer bundesweit einmaligen Deutschlandkoalition aus CDU, SPD und FDP, die von außen betrachtet recht geräuschlos regiert. Ist das so oder täuscht der Eindruck?

Eine Regierungskoalition aus CDU, FDP und SPD kann niemals geräuschlos sein, allein aus inhaltlichen Gründen. Was alle drei vereint, ist der Wille zur Vernunft und zum Gestalten. Es wird sich ordentlich gestritten, aber am Ende gilt: Erst das Land, dann die Partei. Das hat Sachsen-Anhalt definitiv verstanden.

Der Spitzenkandidat

Armin Willingmann wurde zum Spitzenkandidat der SPD in Sachsen-Anhalt nominiert. Über seine Kandidatur wird beim Landesparteitag im September entschieden. Willingmann ist bereits seit 2016 Regierungsmitglied: Zunächst als Wirtschaftsminister, in der aktuellen Regierung als Minister für Wissenschaft und Umwelt und Erster Stellvertreter von Ministerpräsident Reiner Haseloff.

Armin Willingmann steht in schwarzem Anzug mit roter Krawatte vor einem Mikrofon im Landtag von Sachsen-Anhalt

In einem Brandbrief haben prominente SPD-Mitglieder im Sommer 2024 vor einem Fiasko bei der Landtagswahl gewarnt. Wird das im Wahlkampf noch einmal ein Thema sein?

Das glaube ich nicht. Wir haben aufgrund des Briefes mehrere große Veranstaltungen gemacht und ich fand die Reaktion des Landesvorstandes auf den Brief auch sehr professionell. Er wurde nicht hart weggebügelt, sondern es gab Gesprächsangebote. Es gab einen Landesparteitag, der gezeigt hat, was die Mehrheit der Partei von den Inhalten des Briefes hält. Intern sollte man streiten und für alles kämpfen, was einem wichtig ist, aber diese Konflikte niemals nach außen tragen. Wenn ich die Partei richtig verstanden habe, ist das jetzt Konsens und allen ist klar, wie wichtig das ist, nicht gegeneinander zu arbeiten in den nächsten 13 Monaten, sondern miteinander, egal was uns trennt und vereint.

Eine Kritik in dem Brief war, dass es immer schwieriger werde, für die SPD in Sachsen-Anhalt in der Fläche, gerade im ländlichen Raum, präsent zu sein. Was haben Sie sich mit Blick darauf für den Wahlkampf vorgenommen?

Das ist eine Analyse, die nicht nur auf Sachsen-Anhalt, sondern auf alle Flächenbundesländer, vor allem im Osten zutrifft. Unser Landesvorsitzender Andreas Schmidt sagt immer: „Wir können Kampagne ohne Mittel.“ Der Optimalfall ist, dass wir unsere Genossinnen und Genossen nicht mehr drei, vier Stunden im stillen Kämmerlein vor dem Rechner sitzen haben, die dann Flyer mit Paint bauen, sondern dass alle relativ schnell hochprofessionell einfach an Produkte kommen, die produzieren können und sich darauf konzentrieren können, mit Menschen ins Gespräch zu kommen. 

Denn die größte Herausforderung ist, an die Wahlkampfstände, in die Unternehmen, in die Vereine zu kommen. Wir müssen Zeit dort sparen, wo sie verloren wird, nämlich bei Organisation und Materialgestaltung. Was ich nicht akzeptiere, ist der Sachstand: „Okay, da gibt es keine Genossen mehr, da werden keine Plakate mehr gehängt.“ Wir finden immer einen Weg.

Bei der Landtagswahl 2021 und der Bundestagswahl in diesem Jahr sind Sie selbst als Kandidat angetreten. Woher nehmen Sie die Energie, direkt die nächste Kampagne anzugehen?

Ich bin ein Wahlkampfmensch. Nichts macht mehr Spaß als Wahlkampf, ob es der eigene ist oder für die Partei. Da ist Bewegung drin, da ist Stimmung drin, da merke ich, dass die Partei lebt. Für mich könnte immer Wahlkampf sein, auch wenn das sehr kräftezehrend ist. Eine Kandidatur ist als persönliche Erfahrung unglaublich bereichernd. Man kommt mit so unendlich vielen Menschen ins Gespräch, mit Unternehmen, mit Vereinen, lernt neue Strukturen kennen, baut neue Netzwerke auf. 

Erschreckend war für mich, dass in meinem Wahlkreis im Harz eine AfD-Kandidatin, die dem Höcke-Flügel sehr nahesteht, 39 Prozent bekommen hat, aber das motiviert mich nur noch mehr. Ich wehre mich dagegen, mich dem zu ergeben. Das ist für mich eine sozialdemokratische Haltungsfrage. 

Ich komme aus einer sozialdemokratischen Familie. Mein Vater war 20 Jahre Bürgermeister. Ich habe miterlebt, wie in den 90er-Jahren die SPD bei mir in der Stadt und auch im Kreis absolute Mehrheiten errungen hat. Ich weiß, wie sich Wahlsiege anfühlen. Und ich möchte einfach, dass das wieder passiert, weil das macht auch was mit einer Partei, wenn man Wahlen gewinnt und sich auch mal freuen darf.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

Weitere interessante Rubriken entdecken

Noch keine Kommentare
Schreibe einen Kommentar

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.