Parteileben

SPD Perleberg: Integration mit Heckenschere und Duden

Die SPD in Perleberg hat nicht viele Mitglieder, aber die sind extrem engagiert. Sie setzen sich für Flüchtlinge ein und kämpfen gegen Vorurteile. Vernetzung ist dabei für die Brandenburger das Zauberwort.
von Kai Doering · 15. Dezember 2015
SPD Perleberg
SPD Perleberg

Der Unterricht in Raum 2/3 des Gottfried-Arnold-Gymnasiums in Perleberg beginnt um kurz nach zwei. Es ist ein Freitagnachmittag im November. Während viele ihrer Mitschüler bereits im Wochenende sind, sitzen Diana und Janine in der ersten Reihe. Zwischen ihnen hat Nouri Platz genommen. Er stammt aus dem Tschad. „Der Apfel“, sagt Diana betont und Nouri schreibt es auf. „Die Butter“, setzt Diana fort und korrigiert einen Schreibfehler. Auch in den anderen Reihen sitzen kleine Gruppen aus je einem Flüchtling und ­einem oder zwei deutschen Schülern. Sechs „Sprachtandems“ sind es insgesamt.

Die Idee dazu hatte Daniel Pöhl Anfang des Jahres. Der 16-Jährige wollte den Flüchtlingen im Ort helfen, kannte bereits einen Syrer. Pöhl sprach die SPD an, die stellte sofort ihre Räume in der Innenstadt für die Treffen zur Verfügung. „Das war für uns eine Selbstverständlichkeit“, sagt der stellvertretende OV-Vorsitzende Malte Hübner-Berger. Für den Ortsverein zahlte sich das direkt aus: Im April trat Daniel Pöhl in die SPD ein. „Ich wollte mich für Flüchtlinge engagieren“, sagt er. „In der SPD geht das am besten.“ Seit Ende Oktober treffen sich die Sprachtandems zwar im Gymnasium, der Einsatz für Flüchtlinge ist bei den Perleberger Genossen aber ungebrochen.

Gartenarbeit, die verbindet

Ein Beispiel dafür ist Erika Schumann. Sie ist Mitglied der Perleberger SPD, schon seit kurz nach deren Gründung im Januar 1990, und war erste hauptamtliche Mitarbeiterin der Partei vor Ort. Schumann ist aber auch Mitglied im Vorstand des Kleingartenvereins „Quitzower Straße“. Ende Mai lud der Flüchtlinge zur Mitarbeit ein – und viele kamen. Gemeinsam stutzten Syrer und Perleberger Hecken, mähten den Rasen und saßen danach zusammen und erzählten sich vom Leben in Damaskus und in der Prignitz. „Die Unterstützung im Kleinen hilft häufig am meisten“, ist Erika Schumann überzeugt. Sie stellte nicht nur den Kontakt zwischen Kleingartenverein und Flüchtlingen her, sondern organisierte im Sommer auch ein „Begegnungsfest“, das im Rahmen des Nachbarschaftstags der SPD stattfand.

Den Kuchen dafür steuerte die Arbeiterwohlfahrt (AWO) bei. Auch sie ist eng mit der SPD in Perleberg verbunden. Dafür steht Wolfgang Schulz. Er war nicht nur viele Jahre Ortsvereinsvorsitzender, sondern ist auch Vorsitzender des AWO-Kreisverbands. „Das Flüchtlingsthema begleitet mich seit den 90er Jahren“, sagt Schulz. Allerdings sei der Landkreis heute viel besser vorbereitet. „Damals brannten Autos und es wurden Heime besetzt“, erinnert sich Schulz. Heute gibt es keine Heime mehr. Jeder der bisher 900 Flüchtlinge in der Prignitz lebt in einer Wohnung. „Wir sind der einzige Landkreis, der alle Flüchtlinge dezentral unterbringt“, erzählt Schulz.

Die SPD Perleberg: ein „kampfstarker Stubendienst“

OV-Mitglied der ersten Stunde ist auch Hartmut Schneider. Der pensionierte Lehrer ist Vorsitzender des Perleberger Kulturvereins und verwendet im Moment jede freie Minute für das Projekt „Judenhof“. Wo im Mittelalter Juden nahe der Stadtmauer zusammenlebten, soll bis im kommenden Jahr ein „Begegnungsort“ entstehen. Jugendliche unterschiedlicher Herkunft können sich dann hier treffen, Vorurteile sollen so abgebaut werden.

„Wir wollen als Ortsverein nicht nur unser Ding machen, sondern möglichst viel vernetzt arbeiten“, erklärt Jürgen Piek. Er ist seit 2010 Vorsitzender der Perleberger SPD. Zurzeit hat sie 28 Mitglieder, Piek spricht von einem „kampfstarken Stubendienst“. Wichtig sei, als Partei sichtbar zu sein. Trotz steigender Kosten wollen die Perleberger deshalb ihr Büro in der Innenstadt unbedingt erhalten. „Kontinuität ist wichtig“, ist Piek überzeugt.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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