SPD Mainz-Neustadt: Der größte Ortsverein mit einem Laden für alle
Vom Kindergeburtstag bis zur Wahlkampfplanung: Der SPD-Laden in der Mainzer Neustadt ist eine zentrale Anlaufstelle im Stadtteil, auch für den Landtagswahlkampf mit „Schorle-Michi“ Ebling.
Dirk Bleicker
Der SPD-Ortsverein Mainz-Neustadt ist jünger und weiblicher als anderswo (v. l.): Anna Keller, Anna Bendel, Steffen Ahland, Julia Wagner, Egzon Maliqi, Franziska Schmitt
Mitte August, Urlaubs- und Sommerferienzeit, dazu Temperaturen, die eher nach einem Besuch im Freibad rufen. Dennoch ist der Neustadtladen der SPD in Mainz an diesem Donnerstagabend voll besetzt. 16 Genoss*innen sind zur offenen Vorstandssitzung gekommen. Diese beginnt mit großem Jubel: Der Ortsverein bekommt Zuwachs. Oder besser gesagt dessen Vorsitzende Julia Wagner. „Ich bin heute quasi zu zweit da“, sagt sie und verkündet ihre Schwangerschaft.
Auch ein weiteres Ereignis, das Anfang des kommenden Jahres bevorsteht, wirft bereits seine Schatten voraus: Im März wird im seit 1991 durchgehend SPD-regierten Rheinland-Pfalz ein neuer Landtag gewählt. Also sagt Wagner bei Tagesordnungspunkt 2: „Bis Ende August hätte der Michael gerne schon eine Liste, welche Veranstaltung wir uns bis zum 22. März vorstellen können.“ Der angesprochene ist ihr Direktkandidat, der Innenminister von Rheinland-Pfalz Michael Ebling – bekannt und beliebt in der Landeshauptstadt aus seiner Zeit als Oberbürgermeister von 2012 bis 2022. „Wir nennen ihn liebevoll unseren Schorle-Michi“, sagt Wagner im Gespräch mit dem „vorwärts“.
Nicht überzeugt vom neuen Oberbürgermeister
Der Spitzname entstand, als Ebling vor der Oberbürgermeisterwahl 2019 auf „Schorle-Tour“ ging und anschließend gegen den parteilosen Kandidaten Nino Haase sein Amt verteidigte. Als Ebling 2022 in die Landespolitik wechselte, wurde Haase doch noch Oberbürgermeister. Es war eine Zäsur in der Mainzer Kommunalpolitik. Denn bis dahin kamen alle Oberbürgermeister seit 1949 von der SPD.
„Er ist cool auf Social Media, aber darum geht’s ja nicht“, sagt Anna Keller über den neuen OB. Sie ist stellvertretende Vorsitzende und gerade dabei, ein großes Kinderfest auf dem Lessingplatz des Ortsvereins federführend zu organisieren. Es wird ein voller Erfolg werden, inklusive Hüpfburg, Kinderschminken und einem Besuch von „Schorle-Michi“. Zentrale Anlaufstelle auf dem Lessingplatz für alle, die es mit der SPD halten, ist der „Neustadtladen“.
Ein Treffpunkt für alle seit 1998
Nach einer großzügigen Erbschaft zugunsten des Ortsvereins wurde der Laden 2022 umfassend renoviert. Bereits seit 1998 ist er nicht nur für die SPD, sondern für alle im Mainzer Stadtteil Neustadt eine Anlaufstelle. „Den finde ich als Treffpunkt so wichtig“, sagte auch die damalige Ministerpräsidentin Malu Dreyer Anfang 2024 in ihrer Festrede zum 150. Geburtstag des Ortsvereines über den Neustadtladen.
Wer will, kann sich hier Beamer oder Bierbänke ausleihen, sich mit Fragen zur Miete oder Rente an die SPD wenden oder den Laden für seine Festivitäten nutzen. „Letzte Woche hat meine Freundin hier ihren 30. Geburtstag gefeiert“, erzählt Egzon Maliqi, Vorsitzender der Jusos Mainz und im Vorstand der Neustadt-Sozis. Als Dank habe sie dem Ortsverein einen Kasten Bier spendiert. Auch lokale Künstler*innen aus der Neustadt dürfen hier ihre Werke präsentieren.
Ein super junger Ortsverein
„Wir sind ein superjunger Ortsverein“, sagt Wagner nicht ohne Stolz. Zugleich ist die SPD Mainz-Neustadt auch der größte Ortsverein in Rheinland-Pfalz und einer der ältesten Vereine im Stadtteil. Zudem fügt Wagner an: „Wir sind mit Abstand die präsenteste Partei in der Neustadt.“
Heile Welt für die SPD also im Mainzer Stadtteil, der sich zwischen Hauptbahnhof und Rheinufer erstreckt? Mitnichten. Denn die Gentrifizierung macht auch vor der Neustadt nicht halt, und die Veränderungen im Stadtteil führen auch zu anderen politischen Neigungen. Vor allem die Konkurrenz durch Linke und Grüne ist groß, wie die Genoss*innen berichten. Das zeigte sich exemplarisch auch bei der Ortsvorsteherwahl im vergangenen Jahr, als die Sozialdemokratin Yvonne Wuttke ihrem Gegenkandidaten von den Grünen knapp unterlag.
Konkurrenz durch Grüne und Linke
Auch die Themen der Parteien – mehr Bäume, intelligente Parksysteme, Engagement für geflüchtete Frauen – ähneln sich teilweise. Umso motivierter ist die SPD mit Blick auf die Landtagswahl. „Wir gehen da mit Vollgas rein“, sagt Wagner.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo