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Schäfer-Gümbel will keine Schwarz-Weiß-Bilanz zur GroKo

Die Bertelsmann-Stiftung hat schon eine Bilanz zur Arbeit der großen Koalition vorgelegt, die SPD will sich mit der Bewertung noch Zeit lassen. An der Umsetzung des Koalitionsvertrags hapert es aus Sicht des Vorstands nicht.
von Benedikt Dittrich · 19. August 2019
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Die Regierungsbilanz soll keine Unternehmensbilanz werden, kündigte der kommissarische Parteivorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel im Beisein seiner Kolleginnen Manuela Schwesig und Malu Dreyer an. Stattdessen soll es eine klare politische Bewertung der Regierungsarbeit geben, sagte Schäfer-Gümbel am Montag im Willy-Brandt-Haus. „Das kann man nicht einfach so bewerten, das ist nicht in Prozentzahlen zu definieren.“ Seiner Ansicht nach würde es wenig helfen, wenn die Koalition in einigen Bereichen besonders viel, in anderen aber fast nichts geschafft habe.

Als Beispiel für diese beiden Seiten nannte er den Fortschritt beim Thema Mieten im Vergleich zum Klimaschutz. Während in dem einen Bereich schon Mietpreisbremse und ähnliches umgesetzt werden, soll erst Mitte September ein konkretes Klimaschutzgesetz vorgelegt werden.

„Große Koalition leistet gute Arbeit"

Ähnlich wie Manuela Schwesig, die sich vorab im Deutschlandfunk zur Bilanz geäußert hatte, ist auch Schäfer-Gümbel der Ansicht, dass in der großen Koalition schon vieles erreicht wurde. „Die große Koalition leistet gute Arbeit“, sagte er am Montag.

Entscheidend ist laut Schwesig aber, ob die großen Zukunftsfragen von der Koalition beantwortet werden könnten. Aus ihrer Sicht gehört dazu unter anderem ein gutes Klimaschutzgesetz, eine gute Grundrente, die vielen Menschen erreicht – in beiden Fällen ist noch nichts beschlossen. „Am Ende kommt es darauf an: Was können wir für die Menschen im Land erreichen?“, so Schwesig im Interview.

Für Schäfer-Gümbel ist die Bilanz keine Bewertung, die nur Schwarz und Weiß kennt. „Die wird ziemlich bunt werden und in vielen Bereichen sehr viel grau haben“, sprach sich der Sozialdemokrat für eine differenzierte Beurteilung aus. Was ihn hingegen nachdenklich stimme, sei das Bild der großen Koalition in der Öffentlichkeit. Die guten Ergebnisse würden nicht wahrgenommen werden. Er bewertete die Arbeit in den Ausschüssen und in der Regierung allgemein als konstruktiv und effizient, aber: „Das öffentliche Bild ist das genaue Gegenteil.“

Abstimmung im Dezember

Das letzte Wort über die Bilanz – zumindest auf Seiten der Sozialdemokraten – werden die Delegierten auf dem SPD-Bundesparteitag haben, der vom 6. bis 8. Dezember in Berlin stattfinden soll. Dort soll auch der Parteivorsitz gewählt werden, für den sich derzeit zahlreiche Kandidatinnen und Kandidaten in Stellung bringen.

Schäfer-Gümbel warnte allerdings davor, die Mitgliederbefragung zum Parteivorsitz allein darauf zu reduzieren, ob die SPD in der Koalition bleibt oder nicht. Parteiintern ginge es um viel Grundsätzlicheres, wie die Sozialdemokraten beispielsweise der Globalisierung und der Digitalisierung begegnete. „Es gibt das Bedürfnis, in dieser schnelllebigen Zeit über solche grundlegenden Fragen ausführlich zu reden.“

Ein Bedürfnis, das sich nach Ansicht von Schäfer-Gümbel in einem „enormen Interesse“ an der Mitgliederbefragung spiegelt – und das die drei kommissarischen Parteivorsitzenden stark binde. „Wir reden sehr viel, wir kommunizieren eigentlich andauernd“, sagte Schäfer-Gümbel, „und das wird vermutlich auch in den kommenden Wochen so bleiben.“

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

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