Parteivorsitz: So werben die Landesvorsitzenden für Runde zwei
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Die Entscheidung um die Spitze der größten Partei Deutschland geht ins Finale. Vergangene Woche lieferten sich Klara Geywitz und Olaf Scholz eine hitzige Debatte mit Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans, am Montagabend, 18. November, folgt eine weitere Debatte im Fernsehen. Die Erst- und Zweitplatzierten aus der ersten Befragungsrunde um den Parteivorsitz werben um jede Stimme. Doch unabhängig von der Konkurrenz bitten die Kandidierenden grundsätzlich darum, dass möglichst jedes Parteimitglied an der Befragung teilnimmt. Die zweite Abstimmungsrunde steht vor der Tür, ab dem 19. November können die Mitglieder sich entscheiden, bis zum 29. November haben sie dafür Zeit.
Damit geht das gesamte Verfahren auf die Zielgerade, auf das sich die Parteispitze im vergangenen Sommer nach dem Rücktritt von Andrea Nahles verständigt hatte. In der ersten Runde gaben über die Hälfte der rund 430.000 Mitglieder ihre Stimme ab. Wie wichtig die Stimmabgabe auch bei der zweiten Runde der Befragung ist und was das ganze Verfahren aus ihrer Sicht für die SPD bedeutet, haben wir die Landesvorsitzenden gefragt. Von Schleswig-Holstein bis Bayern, von Martin Dulig bis Anke Rehlinger.
In Saarbrücken, wo „#unsereSPD – die Tour“ im September begann, hatte Anke Rehlinger schon damals ein gutes Gefühl. „Das wird unsere Partei bereichern“, habe sie schon damals gedacht. „Es hat sich eine lebendige Debatte entwickelt. In Ortsvereinen, Kneipen und sozialen Medien werden Ideen und Positionen diskutiert, durchaus mit Leidenschaft!“, lobt die Vorsitzende der Saar-SPD das Verfahren. „Was kann man sich mehr wünschen?“ Insofern ist ihr Wunsch für die zweite Befragungsrunde klar: „Ich wünsche mir, dass möglichst viele mitentscheiden.“
Im Osten, in Sachsen-Anhalt, ist Burkhard Lischka gleich doppelt euphorisch: „Die besondere Situation in Sachsen-Anhalt: Wir bestimmen in einer zweiten Mitgliederbefragung unsere eigene Doppelspitze – als erster Landesverband“, erklärt Lischka, der im kommenden Jahr den Vorsitz der SPD Sachsen-Anhalt an ein Duo abgeben wird. „Für mich ist es eine doppelt positive Erfahrung, wie sich die Mitglieder jeweils einbringen, wie wir #SPDerneuern einfach machen, statt nur zu reden.“ Entsprechend hofft er in beiden Verfahren auf eine hohe Beteiligung und starke Legitimation: „Für die beiden künftigen Führungsteams!“
Brandenburgs Ministerpräsident und SPD-Landesvorsitzender Dietmar Woidke wandte sich in einem Video an die Mitglieder, in dem er betont, wie wichtig diese Richtungsentscheidung für die SPD ist:
Für Melanie Leonhard, Vorsitzende der SPD in Hamburg, läutet die zweite Runde jetzt „den Abschluss eines einzigartigen basisdemokratischen Vorgangs ein, auf den wir stolz sein können.“ Deswegen wünscht sich die Sozialdemokratin aus der Hansestadt auch, „dass viele Genossinnen und Genossen daran teilnehmen, um der künftigen SPD-Doppelspitze die größtmögliche Legitimation und Unterstützung zu geben, damit sie mit aller Kraft die Verantwortung für die Zukunft unserer Partei und unseres Landes übernehmen kann.“
Aus Sachsen kommen selbstbewusste Töne, aber auch ein klarer Appell: „Ich bitte euch: Beteiligt euch am zweiten Wahlgang der Mitgliederbefragung und zeigt: #unsereSPD ist lebendig und sie ist mutig!", sagt Martin Dulig. „Wer an sich selbst glaubt, kann glaubhafte Politik machen.“ Dafür brauche die SPD eine klare Zukunft und Selbstvertrauen. „In den Veränderungsprozessen, in denen wir uns befinden, braucht es eine starke Sozialdemokratie, die sich darum kümmert, dass Veränderungen gut und gerecht werden“, betont der sächsische Landesvorsitzende außerdem mit Blick auf die Verantwortung der Sozialdemokratie in Deutschland.
Auch in Rheinland-Pfalz hat die Tour der Kandidierenden offenbar Spuren hinterlassen. Davon ist jedenfalls der dortige Landesvorsitzende Roger Lewentz überzeugt: „Durch das demokratische Verfahren zur Wahl einer neuen Parteispitze haben wir gemeinsam spannende sozialdemokratische Ideen ins Land getragen und unsere SPD neu belebt.“ Deswegen auch von seiner Seite ein eindringlicher Aufruf an die Mitglieder: „Lasst uns diese Euphorie jetzt mitnehmen in den entscheidenden Wahlgang. Bitte gebt alle Eure Stimme ab und dem neuen Führungsteam eine breite Unterstützung mit auf den Weg!“
Michael Müller, Regierender Bürgermeister in Berlin und gleichzeitig Vorsitzender der Hauptstadt-SPD, wandte sich am Freitag per Video an die Parteibasis:
In Bayern, wo am 12. Oktober zum letzten Mal alle Bewerber um den SPD-Vorsitz aufeinandertrafen, ist Natascha Kohnen davon überzeugt, dass die Suche nach den neuen Parteivorsitzenden neue Maßstäbe gesetzt hat: „Hinter uns liegt bereits ein offener, sehr lebendiger Kandidatenwettbewerb. Darauf können wir stolz sein.“ Wer künftig die Partei anführt, das ist aus Sicht der bayrischen Landesvorsitzenden die wohl wichtigste Entscheidung für die Zukunft SPD: „Darum bitte ich euch“, sagt sie direkt zu den Genossinnen und Genossen, „Macht mit, gebt einem Team eure Stimme. Nutzt euer Recht, davon leben demokratische Prozesse.“
Auf Landesebene haben die Sozialdemokraten ohnehin schon Erfahrungen mit basisdemokratischen Befragungen gehabt, erinnert sich Stephan Weil für Niedersachsen. Die Genossen vor Ort hatten schon 2011 eine Urwahl für den Spitzenkandidaten der damaligen Landtagswahl abgehalten – die Weil gewonnen hatte. Im Anschluss gewann die SPD die Wahl, Weil wurde Ministerpräsident. „Der Prozess hat die Partei belebt und die SPD Niedersachsen ist geschlossen daraus hervorgegangen. Vor allem, weil am Ende alle das Ergebnis akzeptiert haben“, sagt Weil heute rückblickend. „Das sollten wir auch bei dieser Wahl tun.“ Die Entscheidung über den Parteivorsitz sei für die SPD eine große Chance. „Gebt bitte alle eure Stimme ab und nutzt die Möglichkeit, euch zu beteiligen.“
Die von Weil angesprochene Geschlossenheit erhebt Sebastian Hartmann sogar zur notwendigen Bedingung für die Zukunft. „Egal, wie die Wahl ausgeht: Die neuen Vorsitzenden werden die volle Unterstützung und Solidarität der gesamten SPD brauchen“, ist der Landesvorsitzende aus Nordrhein-Westfalen überzeugt. Nach einem spannenden und fairen Wettbewerb müsse die Partei neu geeint und gestärkt aus dem Prozess hervorgehen. „Das gesamte Verfahren war ein Beispiel der innerparteilichen Demokratie.“
Lob kommt auch aus dem hohen Norden Deutschlands: „Das Verfahren ist genau richtig, um lebendig über die neue Führung und auch die wichtigsten gesellschaftlichen Fragen für unser Land zu diskutieren“, meint die schleswig-holsteinische SPD-Landesvorsitzende Serpil Midyatli. „So eine Debattenkultur gibt es nur in der SPD.“ Deswegen sollten die Genossen den Vorstandsteams durch eine hohe Wahlbeteiligung auch den Rücken stärken.
Allerdings, daran erinnern die Bremer Genossen: „Die neuen Vorsitzenden alleine werden die Herausforderungen nicht meistern können, das schaffen wir nur gemeinsam mit einer guten, neuen Parteispitze.“ Die Unterschiede zwischen den beiden Teams seien in den vergangenen Tagen aber deutlich geworden, meint Landesvorsitzende Sascha Karolin Aulepp: „Es ist eine Richtungsentscheidung. Als SPD müssen wir dringend Antworten auf die drängendsten Fragen unserer Zeit finden.“