Nahles: SPD ist die Kraft des Zusammenhaltes und des Fortschritts
Noch hat der Wahlkampf in Bayern nicht offiziell begonnen. Doch Andrea Nahles macht gleich zu Beginn ihrer Sommerreise durch Franken deutlich, was sie von der Flüchtlingspolitik der CSU und dem Vokabular des CSU-Ministerpräsidenten Markus Söder hält, der von „Asyltourismus“ gesprochen hat. „Die CSU hat für ihre schäbigen, die Schwächsten in übelster Form letztendlich diffamierend angehenden Politik die Quittung von den Bürgerinnen und Bürgern bekommen“, sagt sie im Hinblick auf die schlechten CSU-Umfragewerte.
Erstes Ziel
„Söder frisst zwar jetzt Kreide, aber glaubwürdig ist das nicht“, betont die Parteichefin bei einem Besuch im Ausbildungszentrum der Bundespolizei in Bamberg. Dagegen mache die SPD eine „realistische Flüchtlingspolitik ohne Ressentiments“, die auch die Kommunen nicht überfordere. Nicht nachvollziehen kann Nahles, warum junge Flüchtlinge mit einem Ausbildungsplatz ihren Wohnort wieder verlassen mussten, so etwa in Dietfurt a.d. Altmühl oder bei Siemens in Erlangen. „Wir müssen Humanismus und Realismus zusammen halten, damit uns da nichts auseinanderfliegt“, so Nahles.
Das Ausbildungszentrum der Bundespolizei ist das erste Ziel ihrer Reise. Sie lobt die Arbeit der Bundespolizei und informiert sich über die Aus- und Weiterbildung vor Ort. „Die Aufgaben der Bundespolizei sind stark gewachsen“, sagt Nahles, deswegen habe der Bund nicht zuletzt auf Druck der SPD in jüngster Zeit in den personellen Aufbau investiert. Derzeit bildet die Bundespolizei 6200 Männer und Frauen aus, davon allein in Bamberg 2200. Im Gespräch mit den Auszubildenden wird deutlich, wo die jungen Männer und Frauen besonders der Schuh drückt. Sie beklagen die zunehmende Respektlosigkeit in der Bevölkerung, die „verbale Gewaltbereitschaft“ sowie die zu häufige Abordnungen von einem Standort zum nächsten.
Angetan von der Kooperation
Ganz andere Sorgen haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Mehrgenerationenhauses (MGH) in Fürth. Die Einrichtung schafft Kontakt und Austausch zwischen den Generationen, arbeitet aber auch interkulturell. So betreut das MGH an den Wochenenden die Kinder von Pflegerinnen in einem benachbarten Seniorenheim, damit die Frauen ihrer Arbeit nachgehen können. Die Kosten trägt das Seniorenheim.
Nahles ist von dieser Kooperation angetan: „Vielleicht wäre das auch ein Weg, um den Mangel in der Pflege zu mindern.“ Gleichzeitig bieten im MGH zwei Großmütter regelmäßig ihre Unterstützung an: Sie hüten in der Woche Kinder, damit die Mütter leichter andere Dinge erledigen können. Und es gibt das Café Merhaba für Frauen aus islamischen Ländern, die noch nicht gut Deutsch sprechen. Vieles funktioniert ehrenamtlich, aber Kosten entstehen dennoch. Und da die staatlichen Zuschüsse immer befristet sind und es keine dauerhafte Finanzierung von Seiten des Landes für das seit vielen Jahren bestehende Projekt gibt, „haben wir immer wieder prekäre Beschäftigungsverhältnisse“, sagt eine der Leiterinnen.
Wohnraum fehlt
Nahles besucht während ihrer Sommerreise in Bayern sehr bewusst kleinere und mittlere Städte und pflegt den Kontakt mit den sozialdemokratischen Bürgermeistern. Die Kommunalpolitiker, die täglich pragmatische Politik und Lösungen finden müssen, sind ihr wichtig. Meistens wird ihr von dem guten gesellschaftlichen Zusammenhalt in den sozialdemokratisch regierten Städten berichtet, aber es fehle fast überall an bezahlbarem Wohnraum - nicht nur in den großen Städten, sondern auch in der Fläche. „Das ist die neue soziale Frage in vielen Teilen Bayerns“, sagt Nahles. Heftig kritisiert die SPD-Vorsitzende dafür die bayerische Landesregierung: „Die hat Wohnungen im Besitz des Staates verkauft“, sagt sie, ohne die Affäre um die GBW-Wohnungen namentlich zu nennen. Nach Berichten der Süddeutschen Zeitung hatte der damalige bayerische Finanzminister Markus Söder behauptet, die EU verbiete den Kauf der Wohnungen durch das Land Bayern. Tatsächlich war dies nach einem jüngst aufgetauchten Papier aber offenbar nicht der Fall.
Nahles verspricht, dass eine starke Bayern SPD für eine “Wende in der Wohnungs- und Mietpolitik“ sorgen werde. Auch deswegen werde die Partei sich richtig „in den Wahlkampf werfen“, die SPD sei „die Kraft des Zusammenhalts und des Fortschritts“. Nahles selbst tourt nicht zuletzt durch das Land, um den Menschen zu zeigen, „dass die SPD für sie da ist“.
ist Chefredakteurin des "vorwärts" und der DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik sowie Geschäftsführerin des Berliner vorwärts-Verlags.