Nahles: „Auch digitale Arbeit muss gute Arbeit sein“
Als Bundesministerin für Arbeit und Soziales hat Andrea Nahles in den vergangenen zwei Jahren bereits viel in Bewegung gebracht. Sie hat die Rente mit 63 und den Mindestlohn durchgesetzt und im November einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem der Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen bekämpft werden soll.
Wahlarbeitszeit für alle verwirklichen
Auf dem Bundesparteitag der SPD plädiert sie dafür, die Digitalisierung der Arbeit und mit ihr den Wandel zu gestalten. Es sei die Kernaufgabe der SPD Risiken zu zähmen und Chancen zu nutzen, um die Arbeit menschlicher zu machen, erklärt Nahles. Ihr Ziel: „Auch digitale Arbeit muss gute Arbeit sein.“ Nahles sieht eine große Chance beim Thema Arbeitszeit und will „Wahlarbeitszeit für alle verwirklichen“. Mit der Elternzeit und Familienpflegezeit habe man bereits die ersten Schritte für mehr Arbeitszeit-Souveränität getan, sagt sie, doch gebe es noch andere Gründe für den Wunsch nach mehr Flexibilität, wie etwa ehrenamtliches Engagement und Weiterbildung.
Recht auf Weiterbildung
Der Weiterbildung misst sie eine besondere Bedeutung zu: „Egal, welchen Arbeitsplatz ihr Euch vor Augen stellt, in fünf bis zehn Jahren wird dieser deutlich anders sein“, prophezeit Nahles. Deshalb werde die Qualifizierung in der Zukunft so wichtig wie das „täglich Brot“, ist sie sicher. Nahles: „Qualifizierung ist und bleibt die beste Arbeitslosenversicherung.“ Ausdrücklich lobt sie die IG Metall als Vorbild, sie habe in der letzten Tarifrunde eine tarifliche Bildungsteilzeit geschaffen. Nahles will deshalb die Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung entwickeln und ein Recht auf Weiterbildung ermöglichen.
Recht auf Nicht-Erreichbarkeit
Nahles sieht aber auch die Schattenseite einer zunehmenden Flexibilität der Arbeit. Früher war der typische Beschäftigte, der in die Erwerbsminderungsrente ging, 58 Jahre alt und Bauarbeiter. Wer heute aus gesundheitlihen Gründen ausscheide, sei im Durchschnitt 48 Jahre alt und leide unter psychischen Erkrankungen, stellt sie fest. Das sei nicht hinnehmbar, so Nahles. Irgendwann müsse auch digital mal Feierabend sein. Nahles fordert dementspechend: „Jeder muss das Recht haben, mal nicht erreichbar zu sein.“ Auch der grenzenlosen Überwachung und Leistungskontrolle erteilt sie ein klares Nein.
Und auch an einem anderen Punkt ist Nahles sicher: Das Modell Sillicon Valley wolle sie nicht kopieren. Extrem niedrige Steuern für Unternehmen und eine chronische Unterfinanzierung für soziale Unterstützung seien kein Vorbild. Mit Blick auf die Spendenaktion des Facebokk-Gründers Mark Zuckerberg erklärt sie: „Wir in Deutschland setzen nicht auf Wohltätigkeit, sondern auf ein gerechtes Steuersystem und einen handlungsfähigen Sozialstaat.“
Hier geht es zum Download des Beschlusses
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hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.