Während in nahezu allen Medien das Sommerloch mit Berichten und Kommentaren zur Krise der SPD gestopft wurde, der eine oder die andere gar schon einen Nachruf auf die Partei August Bebels und
Willy Brandts verfasste, setzte sich in Schwäbisch Hall einer hin und schrieb auf, worin nach seiner Meinung die dringendsten politischen Aufgaben des kommenden Jahrzehnts bestehen und warum sie
ohne die Sozialdemokratie nicht zu bewältigen sind. Das alles in acht knappen Kapiteln, auf nicht einmal hundert Seiten, in schnörkelloser, anschaulicher Sprache, ohne apologetischen Zierrat und
immer stringent argumentierend.
Die zentrale Botschaft: Die Hoch-Zeit des Neoliberalismus ist vorbei. Jetzt geht es darum, eine intelligente Reregulierung der Märkte durchzusetzen, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu
stabilisieren, die sozialen Sicherheitssysteme zukunftsfest zu machen, flächendeckende Mindestlöhne einzuführen, eine große Bildungsoffensive zu starten und all unser Handeln den Erfordernissen
der Nachhaltigkeit zu unterstellen. Zugleich muss die Integration Europas vorangetrieben und die UNO gestärkt werden. Keine Partei ist darauf programmatisch besser vorbereitet als die SPD.
Das kleine Buch kommt im richtigen Moment. Am Leitfaden des Hamburger Programms zeichnet es das Bild einer modernen Sozialdemokratie, die sich der gewandelten Realität stellt, ohne darüber
ihre historische Aufgabe zu vergessen. Wer als Sozialdemokrat manchmal nicht mehr so recht weiß, wozu er auf der Welt ist, hier kann er Orientierung finden. Epplers Buch ist ein unentbehrliches
Vademecum für jedes SPD-Mitglied und zugleich eine Argumentationshilfe, die vor allem in Wahlkämpfen von großem Nutzen sein kann. Jetzt kommt es darauf an, dass die manchmal allzu verzagten und
nicht selten ziemlich ratlosen Sozialdemokraten es tatsächlich lesen und sich die darin entwickelte Reformperspektive zueigen machen. Dann kann alles noch ganz anders kommen, als die politischen
Auguren uns weismachen wollen.
Erhard Eppler | Eine Partei für das zweite Jahrzehnt: die SPD?
Vorwärts Buch, Berlin 2008, 96 Seiten,
9,95 Euro, ISBN 978-3-86602-175-4
ist Politologe, Schriftsteller und Publizist. Von 1970 bis 1975 war er stellvertredender Bundesvorsitzender der Jusos und einer ihrer wichtigsten Vordenker. Ab 1995 war er Generalsekretär des deutschen PEN-Clubs und von 2002 bis 2013 dessen Präsident.