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Meister der Mitte

von ohne Autor · 28. März 2010
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Wenn Matthias Machnig etwas nicht gefällt, dann macht er keinen Hehl daraus. Ob es um eine alte Landeskampagne namens "Denkfabrik Thüringen" geht, über die der Thüringer Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie sagt: "Habe ich eingestellt. Eine Landeskampagne darf nicht versuchen, zu bestimmen, was Leute über sich hören wollen, sie muss neugierig machen und Interesse für ein Land wecken."

Oder um die Namen, die ihm Polit-Journalisten gerne verpassen: ein "Einflüsterer des Parteichefs" sei er, ein "Strippenzieher" und "Maschinist der Macht". Machnig schüttelt den Kopf, schiebt die Ärmel hoch. Von solchen Zuschreibungen will er nichts wissen. "Damit kann ich nichts anfangen. Ich bin Matthias Machnig und ich mache meinen Job mit klaren Vorstellungen, mit Engagement und Hartnäckigkeit. So würde ich mich beschreiben."

Kurzer Ausflug in die Wirtschaft

Seine "Jobs" waren fast immer eine echte Herausforderung. Der gebürtige Sauerländer wird im April dieses Jahres 50. Studiert hat er in Wuppertal und Münster - nicht etwa Wirtschaft, sondern Soziologie, Geschichte, Anglistik und Erziehungswissenschaften. Nach einigen Jahren in Bundestagsbüros in Berlin zog Machnig nach Nordrhein-Westfalen als Büroleiter des damaligen Arbeitsministers Franz Müntefering. Bekannt wurde er als Leiter der SPD-Wahlkampfzentrale "Kampa", die Gerhard Schröders siegreichen Bundestagswahlkampf managte. Anschließend war er Bundesgeschäftsführer der SPD.

2002 wechselte der Ideengeber in die Wirtschaft und wurde Unternehmensberater. Eine Zeit, die ihm auch klar machte, wo er eigentlich hingehört. "Wenn ich etwas tue, muss es einen Sinn haben. Und ich habe nicht immer einen Sinn darin erkannt, ein Unternehmen zu beraten, um damit alleine Gewinne und Strukturen zu optimieren." 2005 wurde Machnig Staatssekretär im Bundesumweltministerium. "Ich war mit der Politik noch nicht fertig", sagt er und schaut ernst. Lieber als Firmengewinne zu maximieren wolle er "eine Politik machen, die der Gesellschaft hilft, sich in eine bestimmte Richtung zu entwickeln".

Neue Aufgabe in Thüringen

Seit fünf Monaten leitet Machnig das Mammutressort Wirtschaft, Arbeit und Technologie in Thüringen. Viel sei zu tun, viel sei schon angeschoben, sagt Machnig und spricht über Gemeinschaftsschulen, die jetzt in Thüringen eingeführt werden, über den von ihm initiierten "Wirtschafts- und Innovationsrat", in dem er Kammern und Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften und wissenschaftliche Einrichtungen an einen Tisch bringt, um neue wirtschaftliche Wege für das Land zu entwickeln. "Thüringen hat viele Stärken", sagt Machnig.

Immerhin kann das Land mit einigen sehr starken Industriezweigen wie der Optik das höchste Wachstum aller Länder seit 1991 vorweisen und hat auch die niedrigste Arbeitslosenquote unter den neuen Bundesländern. Aber der Wirtschaftsminister warnt: "Das Land darf nicht nur verlängerte Werkbank sein, die Unternehmen müssen auch stark werden in der Forschung und Entwicklung." Reine Produktionsbetriebe könnten zu leicht verlagert werden an Standorte mit niedrigeren Löhnen.

Er will Thüringen nicht als Niedriglohn-Standort etablieren sondern als solchen mit Know-how. Auch um attraktiv für die Thüringer selbst zu bleiben. Denn seit der Wende hat das Bundesland immerhin 400 000 Einwohner verloren. Weitere 130 000 pendeln zur Arbeit nach Hessen, Bayern oder auch Nordrhein-Westfalen. "Die Menschen bleiben nur hier, wenn sie Arbeit haben und wenn diese Arbeit auch ordentlich bezahlt ist."

Den Strukturwandel schaffen will Machnig durch Technologieförderung. Potenzial sieht er in der Autoindustrie, etwa bei der Entwicklung von Elektrofahrzeugen sowie im Bereich Erneuerbarer Energien, wie Solar- und Windkraft. Die gerade gegründete erste deutsche Green-Tech-Agentur soll Wegbereiter sein.

Die Starken zu Kasse

Als Planer und Mitdenker macht Machnig auch auf Bundesebene von sich reden. Er gilt als Berater seines früheren Chefs im Bundesumweltministerium, Sigmar Gabriel. Anfang des Jahres legte Matthias Machnig ein Positionspapier vor, das Grundlage für eine parteiinterne Diskussion sein soll. Kernpunkte sind die Entlastung Einkommensschwacher, die Verkürzung der Arbeitszeit und die Stärkung der Binnennachfrage. Einkommensstarke Haushalte will er hingegen stärker als bisher zur Kasse bitten, durch die Erhöhung der Erbschafts- und Schenkungssteuer und die Wiedereinführung der Vermögenssteuer.

"Wir müssen die Marktwirtschaft wieder vom Kopf auf die Füße stellen", sagt Machnig. Und: "Wir müssen wieder eine positive Vorstellung von Staatlichkeit entwickeln". Und landet gleich bei einem seiner Lieblingsthemen, der Frage nach der Mitte. In der Diskussion um den Begriff der "Neuen Mitte" hat Machnig nämlich eine eigene Position: "Die Mitte als solche gibt es gar nicht. Die Mitte ist da, wo die Deutungshoheit über gesellschaftliche Fragen liegt." Deshalb sei es Aufgabe der Sozialdemokratie, diese Deutungshoheit wieder zu erlangen, die Mitte in Deutschland neu zu bestimmen, "und zwar von links".

Wen wundert es, dass es einen von Zeitungsleuten geschöpften Namen gibt, der Machnig, dem Belesenen, der sich am Wochenende mit Vorliebe Wirtschafts- und Philosophiebücher vornimmt, doch gut gefällt: "Meister der Mitte".

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