Der Spitzenkandidat der SPD in Schleswig-Holstein will eine Landesregierung, die zuhört
Peer Steinbrück kann sich vor Lachen kaum halten. Auf einem Podium im Husumer Kongresszentrum sitzt er neben Torsten Albig, der gerade gesagt hat: „Manche behaupten ja, ich habe eine pastorale Art...“. Das amüsiert Steinbrück köstlich, denn tatsächlich erinnert Albig mit seiner ruhigen, sonoren Stimme und seiner freundlichen Art zuweilen mehr an einen Pfarrer als an ein politisches Alphatier. Auch Albig muss jetzt lachen und kontert: „Ich gehe eben gewinnend auf die Menschen zu.“ Er halte sich an das Prinzip, andere nicht schlecht zu machen.
Torsten Albig ist der Spitzenkandidat der SPD in Schleswig-Holstein. Sein Gespräch mit Steinbrück an diesem Abend ist einer von 300 Wahlkampfterminen in vier Wochen. Ein stattliches Programm, das selbst wahlkampferprobte Journalisten beeindruckt. Peer Steinbrück kennt ihn gut, in seiner Zeit als Bundesfinanzminister war Albig sein Pressesprecher. Ein abwägender Mensch sei dieser, sagt Steinbrück. Einer, der gut zuhören könne, der dann aber auch Entscheidungen trifft.
Dass Albig zuhören kann, beweist er am nächsten Morgen. In einem Hotelraum in Dagebüll trifft er sich zum Frühstück mit Vertretern der friesischen Minderheit. Es herrscht eine intime Atmosphäre, eine große Fensterfront gibt den Blick auf den Nordseestrand frei. Die Friesen erzählen von ihren Schwierigkeiten, ihre Sprache lebendig zu halten. Der SPD-Kandidat lauscht geduldig, stellt ab und zu eine Frage. Am Ende kommt Heinrich Bahnsen, Vorsitzender des Nordfriesischen Vereins, auf die Fördergelder des Landes zu sprechen. Sie wurden von der schwarz-gelben Regierung um 15 000 Euro gekürzt. Ob Albig das rückgängig machen könne? Der Angesprochene könnte jetzt leicht punkten. Aber er entgegnet: „Ich mache auf solchen Terminen keine finanziellen Zusagen. Das wäre unglaubwürdig.“
Er will investieren: in Bildung
Auch das gehört zu Albigs Prinzipien: Er verspricht nichts, was er vielleicht nicht halten kann. „Das Geld wird nicht mehr, nur weil ich gewählt werde“, sagt er. An die Schuldenbremse will er sich halten. Wieviel er ausgeben könne, werde er erst wissen, wenn ihm nach der Wahl eine aktuelle Steuerschätzung vorliegt. Dennoch macht er klar, wo er investieren will: in die Bildung.
Nächster Termin: Gemeinsam mit den Vertretern der Friesenverbände wandert Albig durch das Watt vor Dagebüll. Plötzlich löst sich ein junger Blondschopf aus einer vorbeilaufenden Gruppe. In Gummistiefeln stapft er auf Albig zu und spricht ihn an: „Ich bin Medizinstudent in Lübeck. Was wollen Sie für meine Uni tun?“ Die Landesregierung wollte die medizinische Fakultät in Lübeck abwickeln, was durch Proteste verhindert wurde. Albig antwortet: „Lübeck muss eine starke Uni sein.“ Dann erklärt er, dass man die Bildung nicht kaputtsparen dürfe. Denn das verursache nur soziale Folgekosten, die für das Land viel schlimmer seien.
Nach der Wattwanderung will Albig sich mit Spaghetti Bolognese stärken, die er in einem kleinen Restaurant bestellt. Nebenbei befragen ihn die anwesenden Medienvertreter zu seinem Regierungskonzept. Geduldig erklärt er: „Ich will Institutionen schaffen, um einen ständigen Dialog zwischen Bürgern und Regierenden zu ermöglichen.“ Die Politiker müssten den Menschen zuhören, das habe die schwarz-gelbe Koalition vernachlässigt.
Sein Pressesprecher unterbricht: „Wir müssen weiter.“ Albig steht auf, seine Nudeln bleiben fast unangerührt auf dem Tisch zurück. Er murrt nicht. Er will schließlich Ministerpräsident werden.
arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.