Kommentar: Für die Groko und für die Erneuerung
Dirk Bleicker
Zwei Drittel der Mitglieder haben sich für eine Regierungsbeteiligung ausgesprochen. Das ist eine vernünftige und richtige Entscheidung. Die SPD übernimmt damit wieder Verantwortung für das Land und seine Menschen – so wie sie es im Laufe ihrer Geschichte immer getan hat. Anders als ein junger liberaler Parteivorsitzender, der sich gerne stylisch im körperbetonten Unterhemd ablichten lässt, macht die SPD und ihre Führung sich nicht vom Acker, wenn es drauf ankommt.
SPD steht vor Herausforderungen
Vielen ist diese Entscheidung nicht leichtgefallen, andere haben dagegen gestimmt. Die meisten von ihnen, weil sie Sorge haben, dass die Partei in einer dritten großen Koalition mit einer Kanzlerin Merkel weiter ausgezehrt und minimiert wird. Es ist eine berechtigte Sorge, die im Laufe der nächsten vier Jahre auch von niemanden und erst recht nicht von der Parteiführung vergessen werden darf. Denn es besteht kein Zweifel daran: Die SPD ist in einer sehr herausfordernden Situation.
Drängende Aufgaben angehen
Deswegen ist es so wichtig, dass alle an einer Erneuerung der SPD festhalten. Dass die SPD nicht nur ihre – gute – Politik in der Regierung durchsetzt, sondern dass sie jetzt wirklich die drängenden Aufgaben des 21. Jahrhunderts angeht: Wie realisiert sich Gerechtigkeit in einer globalen Welt? Wie lassen sich Demokratie und Arbeitnehmerrechte in einer digitalen Welt sichern? Wie gestaltet sich eine lebendige Partei, wenn es keine Zeit mehr gibt, sich im Ortsverein zu treffen und gerade junge Menschen anders politisch Einfluss nehmen wollen? Wie sehen neue Wege der Beteiligung aus, ohne die sehr erfolgreiche repräsentative Demokratie über Bord zu werfen, für die sich die deutsche Sozialdemokratie vor knapp hundert Jahren zu Recht entschieden hat?
Erneuerung auf allen Ebenen
All das verlangt strukturierte Diskussionen, rationale Auseinandersetzungen – und vor allem Respekt und Achtung voreinander, die in der Debatte um eine weitere große Koalition an dem einen oder anderen Ort abhandengekommen waren.
Nur wenn Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten auf allen Ebenen sich diese Mühe machen, wird der Weg der Erneuerung gelingen.
ist Chefredakteurin des "vorwärts" und der DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik sowie Geschäftsführerin des Berliner vorwärts-Verlags.