Parteileben

Kelber: CSU veranstaltet Propagandaschlacht

von Karsten Wiedemann · 5. Februar 2009
placeholder

vorwärts.de: Herr Kelber, wofür brauchen wir ein Umweltgesetzbuch?

Ulrich Kelber: Erstens müssen wir das zersplitterte Umweltrecht zusammenfassen und bundesweit einheitliche Standards zum Schutz der Natur und der Gewässer schaffen. Zweitens sollen durch das Umweltgesetzbuch alle umweltrechtlichen Vorhaben in einem Verfahren, durch eine einzige Behörde geprüft werden.

Dadurch erhoffen wir uns ökologische Vorteile, also dass die Schutzniveaus gehalten werden, aber auch ökonomische Vorteile, weil Unternehmen sich nicht mehr an acht oder mehr Behörden wenden müssen, sondern einen Ansprechpartner haben. Das ist vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen wichtig, die keine eigene Rechtsabteilung haben.

Wenn das Umweltgesetzbuch aus wirtschaftlicher Sicht Sinn macht, warum lehnt es die CSU dann ab, die sich ja sonst eher wirtschaftsfreundlich geriert?

Das ist eine reine Propagandaschlacht der CSU. Sie operiert mit falschen Zahlen und mit falschen Argumenten.

Die Bürokratiekosten waren ja eine entscheidende Frage. Der Normenkontrollrat, den die Bundesregierung auf Wunsch von CDU/CSU eingesetzt hat, hat berechnet, dass mit Hilfe des UGB die Bürokratiekosten deutlich sinken würden.

Das schlimmste für Deutschland wäre, wenn wir 16 Einzelrechte bekämen, also in mittelalterliche Kleinstaaterei verfallen würden. Die 15 anderen Umweltminister und der umweltpolitische Sprecher der CSU haben deshalb ja auch betont, dass sie die Ablehnung der CSU-Spitze nicht verstehen.

Vor der Bundestagswahl wird wohl nicht mehr viel passieren in Sachen Umweltgesetzbuch oder gibt es noch Chancen auf eine Einigung?

Eine Chance gibt es nur, wenn sich die CSU bewegt und zu den Verabredungen zurückkehrt. Wir werden das Naturschutz- und Gewässerrecht nicht den Machtspielen der CSU opfern. Es wird keine Abstriche bei den Standards geben. Auch werden wir nicht zulassen, dass kleine und mittelständische Betriebe benachteiligt werden.

Wenn die integrierte Vorhabengenehmigung nicht kommt, obwohl sie in der Koalition vereinbart war, werden wir Einzelgesetze zu Natur- und Gewässerschutz vorlegen, damit wir bundeseinheitliche Standards bekommen. Damit ist dann wenigstens gewährleistet, dass einzelne Bundesländer nicht still und heimlich von Umweltstandards abweichen können, ohne dass es eine politische Diskussion gibt.

Wenn die integrierte Vorhabengenehmigung Teil der Koalitionsvereinbarungen ist, warum hat es kein Machtwort der Kanzlerin gegeben?


Das System Merkel hat versagt. Merkel ist nicht bereit, sich mit der CSU anzulegen. Für gewöhnlich ist sie ja nicht mal bereit, sich mit einem CDU-Ministerpräsidenten anzulegen. Immer nur moderieren geht aber nicht. Was man merkt ist, dass Merkel eigentlich kein Thema wirklich wichtig ist. Es wird immer nur strategisch-taktisch gedacht. Sie lässt in diesem Fall sogar Verfassungsorgane von Parteiinteressen entern, denn das Kabinett hatte ja bereits einen abgestimmten Entwurf und sie weigert sich nun, diesen Entwurf im Kabinett beschließen zu lassen. Das System, dass Merkel an Stelle von Führung gesetzt hat, ist damit gescheitert.

Interview: Karsten Wiedemann

Schlagwörter
Autor*in
Karsten Wiedemann

Redakteur bei vorwaerts.de bis September 2009, jetzt Redakteur bei Neue Energie, dem Magazin des Bundesverbands für Windenergie

0 Kommentare
Noch keine Kommentare