Es ist selten, dass SPD-Politiker bei den Jusos stehende Ovationen bekommen.Kanzler und Parteivorsitzende handelten sich beim SPD-Nachwuchs schon häufiger Buh-Rufe und Pfiffe ein. Für
Hannelore Kraft dagegen standen die Jusos minutenlang auf und applaudierten. Da hatte die Vorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD in der Essener Messehalle noch nicht ein einziges Wort an sie
gerichtet.
40 Tage nach der Landtagswahl zwischen Rhein und Ruhr und einen Tag nach ihrer Entscheidung, eine Minderheitsregierung mit den Grünen zu bilden, hat Hannelore Kraft auf dem
Juso-Bundeskongress in Essen über ihre Motive gesprochen. "Es gibt keine handlungsfähige Regierung in Nordrhein-Westfalen", rief Kraft den 300 Delegierten zu. "Das können wir so nicht stehen
lassen."
Minderheitsregierungen in Zukunft ein Normalfall?
"Wir sind offen in alle Sondierungsgespräche gegangen", konterte Kraft Vorwürfe, sie habe von vornherein eine Minderheitsregierung bilden wollen. Letztlich seien die Gespräche jedoch an
verschiedenen Punkten gescheitert. "Die Linken wollten Regierung und Opposition in einem sein." Die CDU habe keine adäquaten Angebote für einen Politikwechsel gemacht. So sei schließlich nur die
Minderheitsregierung geblieben, die "eine reizvolle, aber schwierige Aufgabe" werde.
Nach Ansicht Krafts kommt diese in Zukunft häufiger auf die Parteien zu. "Minderheitsregierungen werden keine Ausnahme bleiben", prophezeite sie in Essen. "Wir müssen in diesem Bereich eine
neue politische Kultur entwickeln."
Die Jusos sagten Hannelore Kraft ihre Unterstützung für den eingeschlagenen Kurs zu: "Es ist großartig, dass Du dem Treiben Rüttgers' mit Deiner Entscheidung ein Ende setzt", sagte die
Vorsitzende Franziska Drohsel. Auch der Bundesregierung müsse über den Bundesrat klar "die rote Karte" gezeigt werden. Doch bei allem Lob hatte Drohsel auch noch eine Aufforderung an die künftige
Ministerpräsidentin parat: "Schaff die Studiengebühren nicht erst in ein paar Jahren ab, sondern mit der ersten Sitzung des neuen Kabinetts."
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