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„Junge Menschen haben besondere Probleme“

von ohne Autor · 29. März 2011
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vorwärts.de: Was ist links im Jahr 2011?

Sascha Vogt: Links ist nach wie vor, für die Ziele der Jusos und der SPD einzustehen. Das ist der demokratische Sozialismus mit den Grundwerten Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Die Begriffe müssen wir immer wieder in konkrete Politik übersetzen. Wie das aussehen kann, wollen wir auf unserem Kongress "Links 2011" diskutieren.

Was erwartet uns dort?

Wir wollen darüber diskutieren, wie die gerechte Welt von morgen konkret aussehen muss. In verschiedenen Bereichen werden wir darüber sprechen, was linke Politik heute konkret bedeutet. Nicht ohne Grund war das Motto unseres letzten Bundeskongresses im vergangenen Jahr "links - konkret - gerecht". Anfang April in Berlin wollen wir zum Beispiel darüber diskutieren, wie wir uns die Energiepolitik der Zukunft vorstellen. Ein anderes wichtiges Thema für junge Menschen ist die Frage nach Bildung oder guter Arbeit.

Das Motto lautet "gemeinsam verändern". Was muss sich in Deutschland tun?

Eine ganze Menge muss sich ändern. Wir müssen dafür kämpfen, dass unsere Gesellschaft gerade für jungen Menschen wieder gerechter wird und dass sie bessere Zukunftsperspektiven haben. Das beginnt bei der Umwelt- und Energiefrage und geht bis zur Chancengleichheit. Junge Menschen müssen die Möglichkeit haben, gute Schulabschlüsse zu machen und den Ausbildungs- oder Studienplatz zu bekommen, den sie haben möchten. Wichtig ist aber natürlich auch, dass sie hinterher einen vernünftigen Einstieg in den Beruf finden. Die Zahl der prekär Beschäftigten ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Das verunsichert.

Auch die SPD scheint die jungen Menschen aus dem Blick verloren zu haben.

Wir haben während unserer Regierungszeit teilweise vergessen, wie man die Interessen der jungen Generation abbildet. Und auch jetzt diskutieren wir viel zu wenig darüber, was junge Menschen bewegt. Es ist natürlich wichtig, über den Bereich Leiharbeit zu sprechen. Dabei haben wir aber vor allem die Interessen derjenigen im Blick, die schon länger in Beschäftigungsverhältnissen sind. Ich möchte niemanden gegeneinander ausspielen, denke aber, dass junge Menschen ganz andere Probleme haben. Auf die Frage etwa, wie wir jedem einen Ausbildungsplatz garantieren wollen, haben wir noch immer keine Antwort. Und auch im Bildungssystem gibt es schreiende Ungerechtigkeit.

Wann hat die SPD die jungen Menschen verloren?

Ich denke, das war ein schleichender Prozess. Bei der Regierungsübernahme 1998 hat die SPD durchaus wichtige Anliegen junger Menschen in den Blick genommen. Wir haben eine große BAFöG-Reform gemacht, die dringend notwendig war, und wir haben auch darüber gesprochen, wie wir Ausbildungsplätze schaffen können. Danach kam dann aber nicht mehr viel. Zusätzlich hat sich die Situation der Jungen auf dem Arbeitsmarkt dramatisch verschlechtert, ohne dass die SPD das wirklich zur Kenntnis genommen hat. Das ist sicher auch mit ein Grund dafür, dass wir viele junge Wähler gerade an die kleinen Parteien verloren haben.

Ihr Kongress ist also auch eine Maßnahme, die jungen Leute wieder zurück zur SPD zu holen?

Genau darum geht es uns. Wir wollen die Perspektive der Jungen in den Erneuerungsprozess der SPD mit einbringen. Das betrifft übrigens nicht nur Themen, die klassisch als "Jugendpolitik" bezeichnet werden. Wie können wir dem Klimawandel begegnen? Welche Zukunft haben unsere Sozialversicherungssysteme? Das sind Fragen, die junge Menschen umtreiben. Auch das Thema Rente interessiert nicht nur die AG 60plus.

Eine These, die während des Kongresse diskutiert werden soll lautet: "Wirtschaft und Schulen müssen miteinander kooperieren." Schlagen die Jusos den neoliberalen Weg ein?

Nein, so würde ich die These nicht verstehen. In den Schulen muss vielmehr geschaut werden, wie den Schülern ein fließender Übergang von der Schulbank in die Ausbildung gelingt. Bereits in der Schule sollten junge Menschen die Möglichkeit haben, praktische Erfahrungen zu sammeln. Allzu oft fehlt die Berufsberatung in der Schule komplett.

Der Kongress hatte eine Vorphase, in der die Jusos bundesweit vor Ort bereits Themen diskutiert haben. Sind sie mit dem Verlauf zufrieden?

Ja,das hat sehr gut geklappt. Wir haben mit dem Verfahren einen Versuch gestartet. Allzu oft ist es bei den Jusos und der SPD so, dass in Berlin ein Thesenpapier beschlossen wird, das die Basis dann diskutiert und das am Ende nochmal beschlossen wird. Wir wollten es diesmal bewusst umgekehrt machen und schauen, welche Themen die Jusos vor Ort bewegen. Wichtig war uns auch, dass sie nicht nur unter sich diskutieren, sondern mit anderen jungen Menschen, die etwa schon in einer anderen Organisation aktiv sind. Das ist sehr gut gelungen.

Interview: Kai Doering

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