Jana Schmöller: Frischer Wind für die Mainzer Kommunalpolitik
Rund 30 Jahre Altersunterschied trennen die Mainzer Sozialdezernentin Jana Schmöller von ihrem Vorgänger. Sie stellt sich nun den Herausforderungen der Kommunalpolitik – und setzt dabei vor allem auf „radikale Ehrlichkeit“ und Empathie.
Jana Schmöller
Sie steht für eine neue Generation in der Kommunalpolitik - seit Juli 2025 ist Jana Schmöller Sozialdezernentin der Stadt Mainz.
Seit etwas mehr als zwei Monaten weht nun frischer Wind durch das Sozialdezernat der Stadt Mainz. Anfang Juli übernahm die 33-Jährige Jana Schmöller das Amt von ihrem rund 30 Jahre älteren Vorgänger Eckart Lensch. Damit ist der von der SPD angestrebte Generationenwechsel auch in der Mainzer Kommunalpolitik angekommen - was das in der Praxis bedeutet, verrät Jana Schmöller im Interview mit dem „vorwärts“.
Sie sind seit Juli dieses Jahres Sozialdezernentin der Stadt Mainz. Was war bisher die größte Herausforderung in diesem Amt?
Thematisch war mir durchaus bewusst, was auf mich zukommen würde. Aber was mich direkt herausgefordert hat, war die Organisation des Hauses. Das Dezernat umfasst über 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und wir sind für viele verschiedene Themen zuständig. Ganz ehrlich, da überhaupt erst einmal bis in die kleinsten Organisationseinheiten reinzuschauen und einen Überblick zu bekommen, wer da alles sitzt und was da alles bearbeitet wird, und dann gleichzeitig noch mit allen darüber zu sprechen, was meine Pläne für das Dezernat sind, war schon ein ordentliches Stück Arbeit.
Ihr Vorgänger, Eckart Lensch, war acht Jahre lang im Amt. Gab es Reaktionen auf Sie als Nachfolgerin, die Sie überrascht haben?
Viele Leute haben tatsächlich einen Blick darauf, dass da jetzt mit mir jemand sehr junges ins Amt kommt. Mich hat schon überrascht, wie viel darüber gesprochen wird. Außerdem sagen mir viele Leute: „Ach, Sie kommunizieren ganz anders.“ Das meinen sie dann nicht wertend in irgendeine Richtung, aber sie merken eben einen Unterschied.
Wo liegt dieser Unterschied denn?
Einerseits entscheide ich mich eigentlich immer für eine radikale Ehrlichkeit, insbesondere bei schlechten Nachrichten. Unsere Haushaltslage hier in Mainz ist – wie in fast allen Kommunen – sehr angespannt. Da bringt es niemandem etwas, wenn ich sage, dass ein Projekt im nächsten Jahr nicht klappt, und gleichzeitig aber weiß, dass es auch die nächsten fünf Jahre nicht klappen wird. Das baut nur Hoffnungen bei Leuten auf, die dann immer wieder enttäuscht werden. Wenn ich aber maximal ehrlich und transparent bin, kommt es oft zu einem Austausch über mögliche Lösungen, der viel solidarischer und effektiver geführt werden kann.
Das ist mir auf der anderen Seite auch innerhalb meiner Verwaltung wichtig: Dass alle ehrlich miteinander sind und es auch Raum für schwierige Gespräche und Feedback gibt. Natürlich braucht Politik Hierarchien – das hat etwas mit Verantwortung zu tun, und die muss man auch tragen. Aber das heißt nicht, dass es nicht auch wichtig für mich ist, die Expertise aus der Verwaltung so gut es geht miteinzubeziehen.
Jana Schmöller
Wenn man eine Extraschleife dreht, kommt am Ende etwas viel Besseres heraus.
Und in der Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern?
Wir müssen in der Politik sehr proaktiv kommunizieren, und da sind soziale Medien extrem wichtig für mich. Vor allem in der heutigen Zeit, wo die Menschen einerseits so sehr mit ihrem eigenen Leben und den Problemen darin beschäftigt ist, und gleichzeitig so viele Informationen auf sie einprasseln, kann man nicht erwarten, dass alle immer alles auf dem Schirm haben. Deshalb will ich mein Informationsangebot so nah wie möglich an sie heranbringen.
Ihr selbsterklärtes Ziel ist es, den Menschen mit Ihrer Politik in den Mittelpunkt zu stellen. Wie wirkt sich das konkret auf Ihre Arbeit aus?
Da geht es mir vor allem darum, wenn jemand ein Anliegen hat, immer im Blick zu behalten, wieso dieser Mensch dieses Anliegen hat. Dann kann man sich so gut es geht in diesen Menschen hineinversetzen und ihn besser mitnehmen, wenn man erklärt, warum bestimmte Dinge so sind, wie sie sind. Das bedeutet zwar nicht, dass die Person sofort glücklich damit ist, aber sie kann es dann besser nachvollziehen.
Wir haben in Deutschland schon sehr viele politische Prozesse so durchgespielt, dass wir denken, es gäbe für alles eine klare, strukturierte Antwort. Aber diese Antwort passt nicht zwangsläufig für alle, die sie betreffen würde. Zum Beispiel beim Ganztagsanspruch in Grundschulen ab 2026: Da müssen die Bedürfnisse der Kinder beachtet werden, die der Eltern, die der Schulgemeinschaft, und so weiter – und diese Bedürfnisse sind nicht unbedingt die gleichen. Dabei so gut es geht auf alles einzugehen erfordert viele Gespräche und macht Arbeit, aber ich glaube, wenn man diese Extraschleife dreht, kommt am Ende etwas viel Besseres raus.
Gibt es dafür in der Kommunalpolitik genug Spielraum?
Ich glaube schon, aber man muss die entscheidenden Schlupflöcher finden. Ich kann immer sagen „da gibt es ein Bundesgesetz, das geht nicht anders“. Aber ganz oft sind Bundesgesetze so offen formuliert, dass man als Kommune mindestens entscheiden kann, in welcher Breite und Qualität man eine Leistung einführt, oder inwiefern man zum Beispiel Träger heranzieht. Und klar, dann bleiben immer noch schwierige Finanzierungsfragen, die eine echte Herausforderung sein können. Aber auch was das angeht gibt es Spielräume, je nachdem wie man den Haushalt ausgestalten möchte.
Jana Schmöller
Gerade im Sozialbereich ist man wirklich nah an den Menschen.
Wie kam es zu Ihrem Schritt in die Kommunalpolitik?
Ich hatte parallel zu meinem Angestelltenverhältnis im Ministerium schon immer mein politisches Ehrenamt in der SPD und bin 2019 auch in den Mainzer Stadtrat eingezogen. Mich hat sofort fasziniert, wie konkret alles im Stadtrat ist. Letztlich hat sich daraus dann mehr ergeben. Und gerade im Sozialbereich ist man wirklich nah an den Menschen – egal ob man eine Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete besucht oder eine Kita. Man versteht dadurch auch immer besser, warum Menschen aktuell politisch so reagieren, wie sie reagieren.
Was kann die Bundes-SPD von der Mainzer SPD lernen?
Also, vorweg: Ich bin nicht auf Bundesebene aktiv. Aber ich finde, was uns hier in Mainz immer sehr geholfen hat, ist, dass wir zwar viel in Sachfragen streiten, es aber nach außen immer eine Einheit gibt. Dadurch spüren die Leute eine Verlässlichkeit in unseren Aussagen und denken nicht „mal gucken, was morgen ein anderer aus der Partei erzählt“. Das wird aber natürlich auch schwerer, je größer die Gruppe ist. Bei der Größe unserer Fraktion kennen sich zum Beispiel alle auch persönlich gut, und nach der Sitzung gehen wir oft noch gemeinsam einen Wein trinken.
Sie sind seit über 15 Jahren Mitglied in der SPD. Viele sagen, die Partei hätte sich in dieser Zeit stark verändert. Wieso ist es für Sie immer noch die richtige Partei?
Ich bin einfach ein hochpolitischer Mensch und finde, man muss sich einmischen. Ich kann es auch gar nicht anders. Und natürlich habe ich auch manchmal andere Ansichten als andere in der Partei. Aber aus meiner Sicht hat die SPD Werte, unter denen ich mich wiederfinde, und ich habe bisher keine Partei gefunden, bei der das noch mehr der Fall wäre. Das bedeutet natürlich nicht, dass ich alles immer super finde, aber dann kann ich ja auch in die Gremien gehen und versuchen, etwas zu verändern.
Eine der großen Stärken der SPD ist finde ich, dass wir Themen die emotional sind genauso angehen dürfen und nicht alles immer versachlichen. Die Frage, wie eine Gesellschaft zusammenhält, ist eine sehr bewegende. Zu jedem Menschen gehören Gefühle, und es geht in dieser Partei eben um die Menschen. Das ist schon etwas, das mich immer bei der Stange hält.
Zur Serie
In unserer Serie „Rising Stars“ stellen wir in loser Reihenfolge Menschen aus der Sozialdemokratie vor, die auf unterschiedlichen Ebenen der Partei mit ihren Ideen oder ihrem Handeln beispielhaft für die Erneuerung der Partei stehen.