Helga Grebing stammt aus einer Arbeiterfamilie und stieg zur Professorin auf. Die Historikerin hat die Geschichte der SPD und der Arbeiterbewegung erforscht. Im fünften Teil der Serie "Gelebte Politik" blickt sie auf ihr Leben zurück.
Helga Grebing kann es nicht glauben: „Es gibt immer noch Menschen, die sagen, sie haben von der Judenverfolgung nichts gewusst“, sagt sie. Dabei hörte sie unter den Nationalsozialisten sogar als Kind von Konzentrationslagern, die man ihr gegenüber beschönigend „Konzertlager“ nannte. Ihr war schon damals klar: Das sind Orte, wohin Menschen verschwinden und nicht wieder auftauchen.
Geboren wurde Helga Grebing 1930 in Berlin-Pankow. Ihr Vater, ein Maurer, starb bei einem Autounfall, als sie gerade fünf Jahre alt war. Dem Nationalsozialismus stand ihre Familie ablehnend gegenüber. Trotzdem schloss Grebing sich dem Bund Deutscher Mädel an. „Ich konnte mich nicht entziehen“, sagt sie. „Ich war ein Einzelkind und suchte Kontakt.“
Sie wollte frei denken
Nach dem Krieg machte Grebing an einer Vorstudienanstalt der Berliner Humboldt-Universität ihr Abitur und studierte anschließend Geschichte, Germanistik, Philosophie und Staatsrecht. Die SED versuchte, die überwiegend aus Arbeitermilieus stammenden Studenten für die Partei zu gewinnen. „Die Methoden passten mir nicht“, sagt Grebing. „Ich hatte mich gerade vom Nationalsozialismus abgewandt, und nun sollte auf rote Art dasselbe passieren.“ Weil sie frei denken wollte, wandte sie sich der Sozialdemokratie zu. 1948 trat sie in die SPD ein, die es in Ost-Berlin noch gab.
Wissenschaft als Instrument
1949 wechselte sie an die Freie Universität in den Westteil Berlins. Nach dem Studium arbeitete sie unter anderem als Referentin in der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung. In dieser Zeit schrieb sie ihr berühmtes Buch „Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“, das 1966 erschien. Es war für sie auch ein politischer Akt. „Wissenschaft hatte für mich immer einen instrumentellen Charakter“, sagt sie. „Ich wollte die Gesellschaft verändern.“
1967 begann sie ihre Habiliation, später lehrte und forschte sie als Professorin in Frankfurt am Main, Göttingen und Bochum. Warum sie nicht in die Politik gegangen ist? Grebing sagt: „Meine Art zu denken konnte ich in der Wissenschaft besser verwirklichen.“
arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.