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Harald Christ: der Mann für den Mittelstand

von Susanne Dohrn · 5. August 2009
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"Unser Mann für Mittelstandpolitik." So wird er den Journalisten vorgestellt. Harald Christ geht um den Tisch, begrüßt alle mit Handschlag, stellt sich vor. Sein Tonfall ist einen Hauch dialektgefärbt, er stammt aus Gimbsheim bei Worms. Dort wurde er vor 37 Jahren geboren, als Sohn eines Opel-Arbeiters.

Einer, dem Erfolg und Reichtum nicht in die Wiege gelegt wurden, der sich hochgearbeitet hat: zweiter Bildungsweg, Industrie- und Bankkaufmann, Banker. Einer der mit 15 in die SPD eingetreten ist, weil ihm sein Leben perspektivlos erschien und "weil ich etwas verändern wollte." Einer aus der "Mitte der Partei", wie er es formuliert, der sie kennt von "Flensburg bis Garmisch Partenkirchen", und der nun als erfolgreicher und finanziell unabhängiger Unternehmer zu diesem Ursprung zurückkehren will: etwas verändern.

Sein Herzensthema: der Mittelstand. Der stellt 80 Prozent der Arbeitsplätze und 70 Prozent der Ausbildungsplätze in Deutschland. Er habe Deutschland nach dem Krieg zu dem gemacht was es heute ist, betont Christ. Doch die Politik schaue lieber nach den wenigen Großen, als zu den vielen Kleinen. Christ kennt die Sorgen der Mittelständler, ist er doch selbst einer. Ein "sozialdemokratischer Unternehmer", sagt er. Einer, der start ups unterstützt. Kürzlich hat er die Mehrheit bei der Reformhauskette Vitalia übernommen und die deutsche Tochter des kriselnden niederländischen Büromöbelherstellers Samas in Worms.

"Allianz für den Mittelstand"

"Der Mittelstand fühlt sich von der Politik nicht richtig repräsentiert," sagt er. Auch nicht in der CDU, von der Kanzlerin, vom Wirtschaftsrat der CDU oder von Herrn Guttenberg, dem Wirtschaftsminister. Das wisse er aus vielen Gesprächen. "Das würden die mir jetzt natürlich nicht mehr so offen sagen," sagt Christ mit Blick auf seine neue Funktion bei der SPD.

Er ist der Mann, der dem Mittelstand neue Bedeutung verschaffen soll. Der mit dem SPD-Kanzlerkandidaten viele Gespräche geführt hat. Mit ihm viele Ideen entwickelt hat. Die nun umgesetzt werden. Eine heißt "Allianz für den Mittelstand". Frank-Walter Steinmeier hat sie in seinem Programm "Arbeit für Morgen" vorgestellt. Sie soll direkt beim SPD-Bundeskanzler angesiedelt sein. Ihre Aufgaben: "Kreditklemme bekämpfen, Kernbelegschaften erhalten, Produktionsbasis erneuern und den Mittelstand stärken." So steht es im Konzept des SPD-Kanzlerkandidaten.

Beispiel Kreditklemme. Christ ist in seinen Aussagen eindeutig. Sparkassen und Volksbanken machten gute Arbeit, andere Banken "legen ihr Geld lieber in anderen Ländern an und in der Zwischenzeit gehen Unternehmen pleite". Harte Worte. Verbunden mit einer Drohung. Wenn das so weitergehe, müsse der Staat dafür sorgen, dass das Geld über die Kreditanstalt für Wiederaufbau da ankomme, wo es benötigt werde. Beispiel Mindestlohn: Der sei notwendig für die Binnennachfrage, anders als Steuersenkungen, wie sie die Union vorgeschlagen habe. Vom Export allein könne Deutschland jedenfalls nicht leben.

"Wir werden die Wahl gewinnen."

Austeilen kann der 1,90-Mann. "Ich habe mich wirklich bemüht herauszuarbeiten, was das Wirtschaftsministerium für den Mittelstand macht. Ich habe dutzende Zeitungsartikel mit Riesenporträts gelesen und habe nichts gefunden, außer einer kritischen Position zur Rettung von Opel und einer Rücktrittsdrohung, die dann nicht vollzogen wurde," sagt er mit Blick auf den übrigens gleichaltrigen Wirtschaftsminister Theodor zu Guttenberg.

Und die vier Millionen Arbeitsplätze, von denen Frank-Walter Steinmeier spricht, wird er gefragt. Er sehe das Thema wie ein Unternehmer, der einen Businessplan mache. Der müsse auch schauen: Was sind die Parameter? Was sind die Perspektiven? Christ: "Ich muss heute die Arbeitsplätze generieren, die Deutschland in den nächsten 10 bis 20 Jahren in eine gute Wettbewerbssituation bringen." Das heißt: Investitionen in Zukunftsbranchen, Forschung und Entwicklung, Bildung. Genug Arbeitsplätze, das hätten Jahre 2005 bis 2008 doch gezeigt, lösen fast alle Probleme: die der Sozialkassen wie die des Staatshaushalts.

"Ich würde mir wünschen, dass man sich mit unseren Thesen auseinander setzt", sagt Christ. Und dann müssten die Wähler entscheiden: "Wählen sie Rhetorik oder wählen sie Konzepte." Für ihn ist klar, wie die Wähler sich entscheiden - für die Konzepte. Christ: "Wir werden die Wahl gewinnen."

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Susanne Dohrn

ist freie Autorin und ehemalige Chefredakteurin des vorwärts.

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