Er organisierte den Aufbau eines demokratischen Polizeiwesens. Günter Wimmers Biographie zeichnet den Lebensweg einer der profiliertesten Politiker-Persönlichkeiten seiner Zeit nach.
Nach intensiven jahrelangen Recherchen hat Günter Wimmer - engagierter Karlsruher Geschichtslehrer und Koordinator der Sektion Nordbaden des Vereins "Gegen Vergessen - für Demokratie" - einen
sehr lesenswerten Band über den am längsten tätigen SPD-Innenminister der Weimarer Republik, Adam Remmele, vorgelegt. Er erinnert an einen, der sein Leben lang für die Werte der sozialen
Demokratie kämpfte.
Gegen reaktionäre und rechtsextremistische Umtriebe
Der spätere badische Staatspräsident, Innen-, Kultus- und Justizminister Remmele wurde 1877 im Odenwald geboren. Bereits als Müllergeselle schloss sich Remmele der Gewerkschaft und der SPD
an und übernahm rasch Funktionen. 1908 trat er eine Stelle als Redakteur bei der sozialdemokratischen Zeitung "Volksstimme" in Mannheim an und startete in der Fächerstadt 1911 seine politische
Karriere als Kommunalpolitiker. Ministerämter hatte Remmele, zeitweilig Landtags-u. Reichstagsabgeordneter, von 1919 bis 1931 inne.
Zeitlebens trat Remmele konsequent gegen reaktionäre und rechtsextreme Umtriebe ein. Kurz nach dem Kapp-Putsch im März 1920 in Berlin riefen der für die Sicherheit zuständige Minister
Remmele und die badische Regierung das Volk auf, ihre "Pflicht" zu tun und "eine neue Revolution von rechts abzuwehren ... Wir lassen uns durch die preußischen Reaktionäre ... nicht in das
Unglück stürzen." Wenige Monate später verbot Remmele die rechtsextreme Organisation Escherich (Orgesch).
Nach der Reichstagswahl 1930 betonte Remmele mehrfach die "Staatsfeindlichkeit der Nationalsozialisten": "Der von den Nationalsozialisten gegen den Bestand der Republik und der Demokratie
angesagte Kampf und die von ihnen ... in Aussicht gestellten Kampfesziele und Kampfesmittel erbringen genügend Beweis für den Charakter der Staatsfeindlichkeit dieses Vorhabens." Nach der
Machtübertragung an die Nazis wurde Remmele im Mai 1933 in einem offenen Kraftwagen zusammen mit anderen Häftlingen im Schritttempo durch die Straßen Karlsruhes, vorbei an johlenden
Menschenmassen, ins Konzentrationslager Kislau verbracht.
Für demokratischen Wiederaufbau
Nach seiner Entlassung aus dem KZ sicherte Remmele seine wirtschaftliche Existenz mittels einer Tee- und Kaffeeversandfirma. Den Herbst 1944 musste er trotz politischer Abstinenz während
der NS-Zeit erneut in einem KZ verbringen. Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus widmete er seine Kraft dem Wiederaufbau der Konsumgenossenschaften für die er auch in der Weimarer Republik
überaus aktiv war.
Als "das große Verdienst" Remmeles wertet Wimmer, dass dieser beim Aufbau der badischen Polizei darauf bestanden hatte, den Nachwuchs im Polizeidienst wie auch die übernommenen Beamten
gründlich zu schulen. Es ging ihm darum, klarzumachen, dass demokratische Strukturen andere Denk- und Verhaltensweisen erforderten als diejenigen der untergegangenen Monarchie.
Bei der maßgeblich von ihm erarbeiteten Badischen Gemeindeordnung handelt es sich nach Wimmer nicht nur um einen fortschrittlichen, sondern sogar um einen zukunftsweisenden Entwurf. Mit der
neuen Gemeindeordnung sei ein großer Schritt hin zur Selbstverwaltung der Gemeinden und Kreise getan worden, wie sie bis heute in ihren Grundsätzen gültig ist.
Die Biographie des aufrechten und kämpferischen Demokraten Remmele rundet Wimmer mit zahlreichen Auszügen aus seinen Schriften und Reden sowie Berichten von Zeitzeugen ab. Diese bereichern
den Band ungemein und erhöhen seine Authentizität.
Anton Maegerle
Günter Wimmer: Adam Remmele. Ein Leben für die soziale Demokratie, Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2009, 530 Seiten, 24,80 Euro, ISBN 978-3-89735-585-9.