Florian Pronold, herzlichen Glückwunsch zum neuen Amt. Zur Fernsehfastnacht kamen Sie noch verkleidet in einem viel zu großen Superman-Kostüm. Braucht man als Vorsitzender der Bayern SPD
übernatürliche Kräfte?
Nein, aber es liegen schwierige Aufgaben vor uns. Die SPD in Bayern darf nicht in den alten Fehler verfallen eine Person zu küren - wie Renate Schmidt oder Franz Maget - die alles richten
soll.
Es gibt eine abgewandelte Neufassung der dritten Strophe der Internationale: Es rettet uns kein höheres Wesen, kein Gott, kein Vorsitzender noch Tribun. Uns aus dem Elend zu erlösen, können
wir nur selber tun.
Das wäre?
Es muss eine Teamleistung sein, vom Ortsverein bis zum Europaabgeordneten. Keine einfache Aufgabe. Aber einfache Aufgaben waren mir schon immer zu langweilig.
Werden Sie auch die Struktur der SPD reformieren?
Eine umfassende Organisationsreform kostet zehn Jahre und lähmt den Laden. Das will ich nicht machen. Aber wir können besser werden. Wir wollen direkt nach der Wahl in allen
Bundstagswahlkreisen zwei Dinge zu machen. Kritik aufnehmen, verbunden mit konkreten Verbesserungsvorschlägen. Mit dem Versprechen: Jeder Vorschlag wird binnen eines Dreivierteljahrs im
Landesvorstand bearbeitet und beantwortet. Außerdem kämpfen wir in Bayern gegen eine Bundespartei. Das Finanzverhältnis ist etwa 1:4, David gegen Goliath. Wer die Bibel kennt weiß, dass David
gewonnen hat. Aber eine Schleuder und ein paar Steine brauchen wir schon. Das heißt: Professionalisierung und Unterstützung für die Ehrenamtlichen.
CDU und CSU sind zwei verschiedene Parteien - mit teilweise sehr unterschiedlichen Positionen - eine Chance für die Auseinandersetzung?
Die CSU würde ja gerne die ganze Krankenversicherung privatisieren. Als Partei käme sie aber in keine Privatversicherung, weil sie als Vorerkrankung eine offensichtlich unheilbare
Schizophrenie hat. Da ist nicht nur das Doppelspiel zwischen Guttenberg Seehofer. Seehofer alleine schafft es, an einem Tag drei verschiedene Positionen zu vertreten. Würde man nur Seehofers
Umfallgeschwindigkeit in Energie umwandeln, könnte man in Bayern sofort alle Atomkraftwerke abschalten. Das fällt den Leuten auf. Das reicht aber noch nicht aus. Die Frage ist: Traut man uns auch
in Bayern zu, dass wir regieren können? In den Kommunen sind wir teilweise schon sehr erfolgreich.
Heißt das, Sie möchten erfolgreiche Kommunalpolitiker stärker für die Landespartei in die Verantwortung nehmen?
Wir haben in den vergangenen Jahren eine gute Zusammenarbeit mit der kommunalen Ebene begonnnen und gepflegt. Mit Uli Maly gibt es jemanden im Präsidium der wie fast kein anderer für
erfolgreiche Oberbürgermeister steht. Es arbeiten jetzt auch viele junge Bürgermeister mit. Kommunale Ergebnisse lassen sich aber nicht automatisch auf das Land übertragen.
Sie haben mit Ihrer Generalsekretärin Natascha Kohnen (41) eine Position im Team klar besetzt - und Sie beschreiben sie als klug und charmant. Welche Rolle bleibt für den
Vorsitzenden?
Das ist ja in der Frage angelegt (lacht). Wir müssen heute stärker Inhalte personifizieren. Die meisten glauben, dass wir die besseren Rezepte haben, die wenigsten, dass wir die besseren
Köche sind. Natascha Kohnen kann als Generalsekretärin die Vereinbarkeit von Familie und Beruf glaubwürdig vertreten. Die ist nirgends so schlecht und schwierig wie in Bayern. Darüber hinaus ist
Natascha Kohnen fest verankert in der Bildung, Kultur, Wissenschaft, den Vereine und Kirchen.
Und ureigene bayrische Landesthemen, wie Landwirtschaft, Milchpreise, Gentechnik? Frau Aigner hat da ziemlich rumgeeiert. Schafft es die SPD es auch die Menschen anzusprechen, für die
diese Themen wichtig sind?
Wir sind klar gegen grüne Gentechnik. Das ist sozialdemokratische Politik. Das müssen wir klar vertreten. Wichtig ist aber auch die Bildung! Nirgendwo in Europa hängt es so stark vom
Geldbeutel der Eltern ab, ob ein Kind Zugang zu höherer Bildung bekommt. Das ist die schlimmste Anklage gegen diese bayrische Landesregierung, die alles angekündigt und nichts getan hat.
Der Haupt-Job von Superman ist es, Menschen zu retten. Wenn es um Arbeitsplätze in Bayern geht, kümmert sich die SPD. Sie haben sich ja auch für Quelle eingesetzt -
Dass wir als Sozialdemokraten helfen, wo es gesunde Betriebe gibt, die durch die Wirtschaftskrise ein Problem haben, ist und bleibt richtig. Ebenso wie es richtig ist, Arbeitsplätze zu
finanzieren statt Arbeitslosigkeit zu bezahlen.
Und was genau rettet jetzt die Bayern SPD?
Willy Brandt hat einmal den Begriff "Schuld durch Schwäche" geprägt. Wir können es uns nicht erlauben zu sagen: Es wird schon werden, irgendwie. Ohne die Sozialdemokratie würden in Bayern
entscheidende Anwälte ausfallen: Für soziale Gerechtigkeit, Gleichberechtigung, für Demokratie und Freiheit. Wir sind es den Generationen vor uns schuldig uns nicht umzudrehen, wenn uns der Wind
ins Gesicht bläst. Ein guter Segler kann auch bei Gegenwind ganz gut vorankommen.
Vielen Dank.
Das Interview führte Michelle Schumann
Die DEMO über den SPD-Parteitag in Bayern: http://www.demo-online.de/nachrichten/bayernspd-rockt-weiden