Parteileben

"Es geht darum Botschaften an die Leute zu bringen"

von Karsten Wiedemann · 8. März 2009
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vorwärts.de: Die Seite wahl.de analysiert die Internet-Aktivitäten von deutschen Politikern. Nach welchen Kriterien wird bewertet?

Klas Roggenkamp: Wir untersuchen die Aktiviäten von Politikern in sozialen Netzwerken wie Facebook, Flickr, Youtube oder auch Twitter. Wir haben eine Einteilung in Big Mover und Big Shaker.

Das heißt?

Big Mover bezieht sich auf die Anzahl von Unterstützern und Freunden auf den jeweiligen Plattformen. Bei Twitter sind das die Follower, bei Youtube die Abonnenten, bei Flickr die Kontakte. Big Shaker bezieht sich auf darauf, wie viel der jeweilige Politiker auf einer Plattform veröffentlicht beziehungsweise wie aktiv er dort ist.

Welche Rolle spielt das Internet für den deutschen Wahlkampf? Können Online-Kampagnen die Wahl entscheiden oder richten sie sich eher an eine kleine, internetaffine Zielgruppe?

Das kommt auf die Nutzung an. Mit einer Online-Kampagne allein kann man sicher keine Wahlergebnis gewinnen. Es geht im Internet vor allem um die Vermittlung von Botschaften über verschiedene Kanäle. In dem Bereich, wo wir das analysieren, also den sogenannten "Social Networks", soll eine bestimmte Botschaft auf einer Plattform an die Leute gebracht werden, auf der sie ohnehin sind. Die Botschaft soll in ihre Alltags Online-Umwelt integriert werden.

Es geht um Präsenz und man erzielt auch relativ viel Aufmerksamkeit. Klar, in einem kleinen Dorf in Bayern reißt man damit nicht viel. Aber ich glaube nicht, dass es um eine kleine, netzaffiine Gruppe geht.

Welche Partei liegt bei den Online-Aktivitäten vorn?


Generell kann man das nicht sagen. Es gibt Unterschiede zwischen den Plattformen. Twitter ist ganz klar eine grüne Plattform. Die SPD ist sehr stark bei Facebook präsent. Die FDP nutzt Youtube. CDU und Linkspartei machen mehr ihr eigenes Ding und sind nicht so präsent. Insgesamt sind SPD und Grüne am aktivsten. Wer was wo und wie macht, hängt auch von der Strategie ab.

Inwiefern?

Die SPD nutzt Facebook zum Beispiel ganz anders als die Grünen. Sie legt großen Wert auf Unterstützerseiten, die so eine Art virtueller Wahlkampfstand sind. Die Grünen setzten eher auf die persönliche Präsenz ihrer Spitzenkandidaten.

Es gibt auch immer wieder gefälschte Profile zum Beispiel vom SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier bei Twitter.

Ja, das stimmt. Aus unserer Sicht zeigt das, welche Relevanz einem Politiker zugewiesen wird. Also wie oft er kopiert wird. Damit muss man leben. Für die Parteien bedeutet es, dass sie auf derH der Zeit sein sollten, was diese Plattformen im Internet angeht.

Maßstab für den Online-Wahlkampf sind die USA und die Obama-Kampgane. Wie steht Deutschland im Vergleich da?

Allein vom Budget her sind das Riesenunterschiede. Ich glaube, was das Obama-Team in einem Monat für die Online-Aktivitäten ausgegeben hat, entspricht dem gesamten Budget der FDP für Bundestagswahl.

Der Obama-Wahlkampf hat vorhandene Strukturen im Internet abgebildet. Das wird in Deutschland auch versucht, das funktioniert hier aber eben nicht so eins zu eins. Die Parteistruktur in den USA ist ja ganz anders.

Obamas Hauptziel war es, eine immer gleiche Botschaft dezentral zu verbreiten, aber mit genauen Vorstellungen, wie diese Botschaft kommuniziert wird. In Deutschland kommunizieren viele verschiedene Ebenen durcheinander.

Im Prinzip ist das Äpfel mit Birnen vergleichen, sowohl was die Budgets, die Strukturen und auch die Herangehensweise angeht.

Was passiert weiter auf wahl.de?

Mittlerweile haben wir 60 Prozent der Kandidaten zur Europa- und Bundestagswahl bei uns gelistet und rund 800 Profile auf den verschiedenen Plattformen recherchiert. Mit dem Bundestweet gibt es nun eine zentrale Twittersammlung, die man auch auf Landes- und Parteiebene herunterbrechen kann. Dasselbe wollen wir auch für Fotos und Videos machen.

Später wollen wir dann auch noch auswerten, was für welche Partei auf welcher Plattform gerade ein Thema ist. Und wir werden unsere Rankings weiter ausbauen. Unser Ziel es, eine Reichenweitenmessung und eine Wirkungsanalyse von bestimmten Internet-Kampagnen herzustellen.

www.wahl.de

Interview: Karsten Wiedemann

Autor*in
Karsten Wiedemann

Redakteur bei vorwaerts.de bis September 2009, jetzt Redakteur bei Neue Energie, dem Magazin des Bundesverbands für Windenergie

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