Parteileben

Die Union schadet Deutschland und ­Europa

SPD-Chefin Andrea Nahles will die Beschleunigung von Asylverfahren. Und sie stellt klar: Ohne die Zustimmung der SPD läuft in der großen Koalition nichts.
von Lars Haferkamp · 25. Juni 2018

Die SPD setzt im Streit um die Asylpolitik klar auf eine europäische Lösung. „Wir können nur zusammen mit den europäischen Partnern Fortschritte auch für Deutschland erreichen“, betonte die Parteivorsitzende Andrea Nahles in der ARD in Hinblick auf den Asyl-Streit zwischen CDU und CSU. „Wir brauchen eine stabile Regierung in Deutschland, damit es auch in Europa Fortschritt gibt.“ 

Vor dem Zusammentreffen des Koalitionsausschusses (26. Juni 2018) mahnte die SPD-Vorsitzende alle europäischen Staaten zur Annäherung: „Jeder Alleingang fällt irgendwann auf einen selbst zurück, das gilt für Deutschland natürlich auch“, sagte sie im Willy-Brandt-Haus in Berlin. „Es geht um die schlichte Frage, ob wir wieder zusammenkommen in einem Punkt, der uns in den letzten Jahren gespalten hat.“

Bund entscheidet, nicht Bayern

Das „Schauspiel“ zwischen CDU und CSU müsse zeitnah ein Ende finden, so Nahles. Die SPD-Vorsitzende sieht ihre Partei in keiner Vermittlerrolle. „Die Probleme zwischen CDU und CSU können wir nicht lösen“, sagte sie. „Die müssen sie selber lösen. Das allerdings erwarte ich auch.“ Diese Lösungen müssten dann mit der SPD in Übereinstimmung gebracht werden. Hier stünden auch grundsätzliche Fragen der Zusammenarbeit an.

Nach Einschätzung von Andrea Nahles geht es bei dem Streit in der Union letztlich gar nicht um die Flüchtlingspolitik. „Hier geht es um Rivalitäten, um innerparteilichen Geländegewinn.“ Dadurch werde ganz Deutschland und -Europa „in Geiselhaft genommen für diese Spielchen“. Das sei keine verantwortliche Politik, machte sie in Richtung CSU deutlich.

Spekulationen um einen möglichen Koalitionsbruch und Neuwahlen hatte die SPD-Chefin schon früher zurückgewiesen: „Ich habe keinen Anlass, über Neuwahlen zu spekulieren. Aber sollte es welche geben, sind wir dafür gut gerüstet.“

An die Adresse des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder hatte Nahles den Hinweis gerichtet, „dass nicht er die Außenpolitik als Ministerpräsident des Freistaats Bayern macht, sondern dass das immer noch eine Bundesangelegenheit ist“. Die SPD-Chefin zeigte sich „sehr verärgert über die Art und Weise, wie hier mit Deutschland gespielt wird, weil man offensichtlich Panik hat, dass man in Bayern die absolute Mehrheit verliert“. Das könne nicht handlungsleitend sein für die Bundespolitik. „Ich bin nicht bereit, diese Mätzchen noch weiter mitzumachen.“

Der Asyl-Plan der SPD

Die SPD-Vorsitzende hatte schon deutlich vor dem Koalitionsausschuss und vor dem informellen EU-Gipfel zur Flüchtlingsfrage (24. Juni 2018) einen konkreten Vorschlag zur Lösung des inhaltlichen Streits vorgelegt. „Im Kern beziehen wir uns bei unserem Vorschlag darauf, dass es bereits ein existierendes, 2016 verabredetes, beschleunigtes Asylverfahren gibt.“ Das sei derzeit allerdings nicht für Dublin-Fälle vorgesehen, also für Asylbewerber, die bereits in einem anderen EU-Staat registriert sind. „Wir würden gerne dieses beschleunigte Asylverfahren, das bereits im Asylgesetz vorgesehen ist, erweitern um diese Dublin-Fälle“, so die SPD-Chefin.

„Der Vorteil wäre, dass man innerhalb einer Woche diese Sache abwickeln kann“, und gegebenenfalls eine Überweisung in die Länder, in den denen die Asylbewerber registriert seien, herbeiführen könne. Dieses Verfahren sei bisher kaum durchgeführt worden, weil die Anzahl der Asylfälle inzwischen dramatisch gesunken sei. „Wenn jetzt also der Wunsch besteht, dass man hier eine Lösung sachlicher Art findet, für die Fälle, die hier in Rede stehen, dann können wir an dieses beschleunigte Verfahren anknüpfen“, so der Vorschlag von Andrea Nahles.

„Human, sehr pragmatisch und europäisch“

„Das wäre eine Lösung, die den Vorteil hätte, dass sie nicht nur schnell wäre, sondern sie wäre auch rechtssicher und sie wäre vor allem auch europarechtskonform.“ Der Vorschlag der SPD sei human, sehr pragmatisch und europäisch. Er würde bilaterale Abkommen mit anderen EU-Staaten nicht nötig machen. Weitere Vorteile wären, dass die Freizügigkeit gewahrt würde und keine verschärften Grenzkontrollen folgen würden.

Nach Meinung von Nahles haben die massiven Auseinandersetzungen innerhalb der Union der Politik in Deutschland und dem Ansehen Deutschlands in Europa geschadet.

Autor*in
Lars Haferkamp
Lars Haferkamp

ist Chef vom Dienst und Textchef des vorwärts.

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