Auf dem Bundesparteitag in Berlin ist sie die jüngste Delegierte. Gerechnet hat Johanna Klingbeil mit ihrer Nominierung nicht.

Spektakuläre Nachrichten sprechen sich in der „Generation Facebook“ schnell herum. Das gilt auch für die Botschaft, die die Hannoveraner Jusos Anfang November stolz auf ihrer Facebook-Seite verkündeten: „So sieht Verjüngung aus: Johanna Klingbeil ist jüngste Delegierte auf dem SPD-Bundesparteitag. Juso-Tickets sind einfach klasse!“

Johanna Klingbeil hat Ende Oktober ihren 20. Geburtstag gefeiert und ist somit tatsächlich die jüngste Frau unter den Delegierten des Parteitags. Aufgewachsen ist sie in Uelzen, einer kleinen Stadt in der Nähe von Hannover. Dass sie nun auf dem Bundesparteitag ihren SPD-Bezirk vertritt, hätte sie vor ein paar Wochen nicht zu träumen gewagt. „Das kam überraschend“, sagt sie und lacht.

Nominiert wurde sie von den Jusos im Bezirk Hannover. Dort leitet Klingbeil den Juso-Bezirksbeirat. „Sie haben jemanden gesucht, der im Bezirk aktiv ist“, erzählt sie. Viele der möglichen Kandidaten hätten schlicht keine Lust gehabt. Irgendwann sei der Bezirksvorsitzende Daniel Brunkhorst auf sie zugekommen und habe gefragt, ob sie nach Berlin fahren will. Sie wollte. Der Bezirksparteitag der SPD stimmte zu.

Wenige Tage vor dem Parteitag gesteht sie, dass sie „schon ein bisschen aufgeregt“ ist. Und neugierig. „Das wird auf jeden Fall eine neue Erfahrung“, sagt sie. Sie kenne zwar die Abläufe auf Bezirks- und Landesparteitagen, aber dort sei alles eine Nummer kleiner.
 

Seit drei Jahren ist Klingbeil in der SPD

„Ich hoffe, dass es kein Parteitag werden wird, auf dem nur Grußworte gehalten werden und die ganze Zeit der Vorstand redet“, fügt sie noch an. Sie wünsche sich inhaltliche Debatten, echte Diskussionen. Schön wäre auch, wenn die Juso-Anträge zur Parteireform angenommen werden würden. Zum Beispiel der Vorschlag, den Bundesparteitag zu vergrößern, damit noch mehr einfache Mitglieder Delegierte werden können. „Ein Parteitag sollte nicht nur eine Funktionärsveranstaltung sein“, meint Klingbeil. Auf dem Parteitag hat sich ihre Hoffnung auf Diskussionen erfüllt. 

„An der Debatte über das Reißverschlussverfahren hat man gesehen, dass man die Antragskommission auch umstimmen kann“, schwärmt Klingbeil. Zuvor hatten die Delegierten entgegen der Empfehlung der Antragskommission durchgesetzt, dass sich Männer und Frauen auf den SPD-Landeslisten für Bundestagswahlen künftig abwechseln sollen.Es sind aufregende Tage für Klingbeil, die erst seit drei Jahren in der SPD ist. In ihrer Familie sei immer viel über Politik diskutiert worden, erzählt sie. Früh begann sie damit, Zeitungen zu lesen und die Nachrichten zu schauen. Dabei stellte sie fest, dass sie viele Auffassungen der SPD teilt – wie die Forderung nach Mindestlöhnen oder die außenpolitischen Positionen.

Als sie 16 war, ging sie zum ersten Mal zu den Jungsozialisten. „Ich wollte herausfinden, wie das so läuft“, sagt sie. Ein halbes Jahr später trat sie auch in die SPD ein. Mittlerweile engagiert sie sich bei Juso-Bundeskongressen, arbeitet an Erklärungen zu Afghanistan oder zum Arabischen Frühling mit. Im Herbst hat sie ein Jura-Studium in Göttingen begonnen. „Ein klassischer Juso-Studiengang“, meint sie lachend. Als Juristin will sie später vielleicht einmal für die SPD arbeiten, oder für eine internationale Organisation wie Amnesty International. Und wie wäre es mit einer Karriere im Bundestag? „Nee“, ruft sie und lacht wieder. Da herrsche ein viel zu großer Konkurrenzkampf. Sich dort durchsetzen zu müssen, sei ihr zu anstrengend. Dann lieber etwas anderes. Aber wer weiß. Vielleicht kommt irgendwann wieder jemand auf sie zu und fragt sie einfach: „Johanna, möchtest Du?“

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Carl-Friedrich Höck

arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.

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