Parteileben

Auch in der SPD mehr Demokratie wagen – aber wie?

von Sascha Vogt · 24. Mai 2011
placeholder

Auch die Jusos wollen ihre Anforderungen an die anstehende organisatorische Erneuerung der SPD einbringen und gehen deshalb mit gutem Beispiel voran: Indem man zunächst zuhört, wo der Schuh vor Ort drückt. Deutlich wurde in der Diskussion, dass die Veränderung von Verfahren und Strukturen keine Sache ist, die man mit einem Beschluss auf dem Parteitag erledigen kann, sondern, dass gerade vor Ort die Erneuerung gelebt werden muss.

Mehr Diskussion, weniger Bürokratie
Das geht schon damit los, wie man genau dafür sorgt, dass in der Partei wieder mehr debattiert wird und dass dabei die Mitglieder auch ernst genommen werden. Viele hätten sich in den Regierungsjahren aus den bundespolitischen Debatten zurückgezogen, nur noch selten würden solche Themen in den Ortsvereinen aufgegriffen, monierte ein Teilnehmer.

Der Grund: In der Regierungszeit hätte das Gefühl vorgeherrscht, dass die Meinung der Parteibasis ohnehin nicht gehört, sondern von oben 'durchregiert' werde. Um das zu verändern, müsse auf der einen Seite die Parteispitze die Diskussionen vor Ort ernst nehmen, auf der anderen Seite seien aber eben auch die Ortsvereine und Unterbezirke in der Pflicht, aktuelle Themen aufzugreifen. Andere forderten, dass mehr Demokratie eben auch heißen müsse, undemokratische und intransparente Strukturen wie die Antragskommission in Frage zu stellen und zumindest zu verändern oder dafür zu sorgen, dass auch 'einfache Mitglieder' und nicht nur FunktionärInnen Delegierte beim Bundesparteitag werden könnten.

Jugendquote kontra Ochsentour
Insbesondere junge Menschen haben es in der Partei nicht immer leicht, auch das wurde deutlich. Auf der einen Seite gibt es Gegenden, in denen neue und junge Mitglieder sehr schnell und unvorbereitet wegen Personalmangels Funktionen übernehmen müssen. Das muss dann aber durch entsprechende Bildungsangebote besser unterstützt werden. Auf der anderen Seite herrscht in den größeren Landesverbänden vor Ort noch häufig das Bild der klassischen 'Ochsentour' vor. Junge Menschen haben es dort nicht leicht, in die Arbeit eingebunden zu werden.

Ob hier eine Jugendquote helfen würde, wurde kontrovers diskutiert. Einig war man sich aber, dass ein Umdenken stattfinden muss. Und das muss anscheinend noch in einer ganz anderen Frage stattfinden: Gerade junge Frauen sind von den Arbeitsweisen und der Parteikultur häufig abgeschreckt. Eine Teilnehmerin brachte es auf den Punkt: Sie wolle sich nicht dadurch beweisen, dass sie viel Bier trinken könne, sondern inhaltlich mitreden und als junge Frau ernst genommen werden.

Thematische Arbeitskreise oder Ortsverein
Kontrovers wurde in diesem Zusammenhang diskutiert, ob und wie Ortsvereine generell eine günstige Struktur für junge Menschen bieten, die zum Beispiel häufiger umziehen. Während sich die eine Seite dafür stark machte, die Partei über eine aktive Beteiligung etwa von Jusos in den Ortsvereinen zu beleben, waren andere der Meinung, dass es für jüngere Menschen auch alternative Arbeitsformen wie zum Beispiel thematische Arbeitskreise geben müsse.

Einigkeit bestand dagegen im generellen Ziel, Nichtmitglieder stärker in die Arbeit einzubinden. Dazu ist es insbesondere erforderlich, ihnen in inhaltlichen Fragen ein Mitspracherecht zu geben und vor allen Dingen mit Bündnispartnern zusammen zu arbeiten. Ob Nichtmitglieder auch bei Personalentscheidungen einbezogen werden sollen, konnte dagegen nicht abschließend geklärt werden. Mehrheitlich sprachen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aber dafür aus, mehr Personalentscheidungen in die Hände der Parteimitglieder zu legen, wenngleich auch deutlich wurde, dass damit auch Gefahren wie die Entkopplung von KandidatIn und dem Parteiprogramm verbunden sind.

Personalentscheidungen in die Hände der Parteimitglieder legen

Nach fast zweistündiger Debatte wurde damit klar: Wenn wir die Partei reformieren wollen, haben wir auf allen Ebenen viel zu tun. Man muss die Unterschiede in den Parteikulturen und den Gegebenheiten vor Ort respektieren, aber man muss auch den Mut haben, Missstände anzusprechen und zu verändern. Ein schmaler Grad. Aber es lohnt sich, diesen zu finden. Die Jusos sind dabei mit im Boot.

Schlagwörter
Autor*in
Sascha Vogt
Sascha Vogt

Sascha Vogt, Jahrgang 1980, ist Mitglied des SPD-Parteivorstands. Von 2010 bis 2013 war er Bundesvorsitzender der Jusos.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare