Meinung

Verfassungsschutz-Prüffall AfD: Ein doppeltes Signal

Der Verfassungsschutz wird die AfD künftig strenger unter die Lupe nehmen. Der Inlandsgeheimdienst sendet damit ein doppeltes Signal. Zu Anfang dieses Wahljahres ist das besonders wichtig.
von Kai Doering · 15. Januar 2019
Prüffall AfD: Die Politiker der rechtspopulistischen Partei werden künftig vom Verfassungschutz stärker unter die Lupe genommen.
Prüffall AfD: Die Politiker der rechtspopulistischen Partei werden künftig vom Verfassungschutz stärker unter die Lupe genommen.

Das Ballhaus Watzke ist ein gelber Backsteinbau aus den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts. Angeboten wird selbstgebrautes Bier. Der historische Ballsaal fasst mehrere hundert Besucher. Am 17. Januar 2017 hielt der Thüringer AfD-Politiker Björn Höcke hier eine Rede, die bundesweit für eine Welle der Empörung sorgte. Höcke bezeichnete darin das Holocaust-Mahnmal in Berlin als „Denkmal der Schande“ und rief zu einer „180-Grad-Wende in der deutschen Erinnerungspolitik“ auf.

Verdachtsfälle „Junge Alternative“ und „Flügel“

Höckes Rede dürfte sich auch in der umfangreichen Materialsammlung befinden, die der Verfassungsschutz in den vergangenen Monaten zusammengetragen hat. Sie diente dem Inlandsgeheimdienst als Grundlage für ein umfassendes Gutachten, auf dessen Grundlage der Verfassungsschutz die AfD künftig als „Prüffall“ führt. Er wird also öffentliche Äußerungen von Politikern der Partei sowie frei verfügbare Dokumente daraufhin untersuchen, ob verfassungsfeindliche Tendenzen in der AfD erkennbar sind.

Bei der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ und dem parteiinternen Zusammenschluss „Der Flügel“ geht der Verfassungsschutz sogar noch einen Schritt weiter: Beide gelten als „Verdachtsfall“. Hier können auch Observationen oder der Einsatz von V-Leuten genutzt werden, um an weitere Erkenntnissen zu gelangen.

Die AfD ist keine „konservative CDU“

Auch wenn die AfD und ihre Untergruppierungen (noch) nicht vom Verfassungsschutz beobachtet werden, ist die Einstufung als Prüf- bzw. als Verdachtsfall ein klares Signal – zum einen an die Partei, dass Worte und Handeln ihrer Vertreter Konsequenzen haben, zum anderen an potenzielle Wähler. Denen dürfte es künftig deutlich schwerer fallen, die AfD lediglich als „konservative CDU“ anzusehen.

Zu Beginn eines Jahres mit drei Landtagswahlen, bei den die AfD in Umfragen jeweils deutlich im zweistelligen Bereich liegt, ist dieser mutige Vorstoß von Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang umso wichtiger. Auch CDU-Politiker, die bereits offen über eine mögliche Koalition mit der AfD nachdenken, sollten nach dem heutigen Tag nochmal dringend in sich gehen.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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