Meinung

Umfragehoch: Niemand muss die AfD wählen

In Umfragen schneidet die AfD gut ab wie nie. Schuld daran sollen vor allem die anderen Parteien sein. Damit machen wir es uns aber zu leicht.
von Kai Doering · 6. Juni 2023
Jeder, der der AfD seine Stimme gibt, weiß, was er tut.
Jeder, der der AfD seine Stimme gibt, weiß, was er tut.

Für überzeugte Demokrat*innen sind die Zahlen ein Schock. Wäre am kommenden Sonntag Bundestagswahl, würden 18 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme der AfD geben. Die Rechtspopulist*innen liegen damit auf dem zweiten Platz gemeinsam mit der SPD, so die Zahlen des „Deutschlandtrends“ der ARD.

Die Ampel gibt keine gute Figur ab

Interessant dabei: „Nur“ 32 Prozent der AfD-Anhänger*innen wollen der Partei aus Überzeugung die Stimme geben. 67 Prozent gaben dagegen an, sie würden die AfD aus Enttäuschung über die anderen Parteien wählen. Kein Wunder also, dass nach dem ersten Schock bei den einen die Schuldzuweisungen begannen und bei den anderen die Selbstkritik.

Es stimmt: Die Ampel-Parteien geben keine gute Figur ab. Erst der Streit über die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke. Jetzt die Debatte über das „Heizungsgesetz“ – alles begleitet von einer unzureichenden Kommunikation.

Die AfD ist verfassungsfeindlich

Aber: All das rechtfertigt es nicht, die AfD zu wählen. Die Partei, die sich selbst als „Alternative“ sieht, hat nicht nur keine Antworten auf die Fragen, die es dringend zu beantworten gilt (Transformation, Migration etc.). Sie ist vor allem in weiten Teilen rechtsradikal und verfassungsfeindlich. Auch welche Beziehungen die AfD zu Russland pflegt, ist weiter ungeklärt. Das sind alles keine neuen Erkenntnisse, doch muss man sie offenbar einem Teil der Menschen in Deutschland wieder in Erinnerung rufen.

Wer der AfD seine Stimme gibt (oder nur mit dem Gedanken spielt), weiß, was er (oder sie) tut. Er (oder sie) unterstützt Anti-Demokrat*innen, die einen anderen Staat, ein anderes Land wollen. Mit einer rechtsstaatlichen Gesinnung ist das nicht vereinbar. Auch wer unzufrieden ist, muss nicht die AfD wählen.

Die Parteien dürfen sich nicht erpressen lassen

Die demokratischen Parteien sollten deshalb selbstbewusst auftreten. Natürlich müssen sie Dinge verbessern. Natürlich müssen sie die Ängste der Menschen ernst nehmen, die sich sorgen, ob sie in ihrem Haus, in ihrer Wohnung bleiben können, wenn das neue Heizungsgesetz gilt.

Was sie nicht tun dürfen, ist vor der AfD einzuknicken. Wer seine Politik danach ausrichtet, ob sie der AfD möglicherweise neue Wähler*innen zutreibt, macht sich erpressbar. Selbstmord aus Angst vor dem Tod hat das mal jemand genannt. Stattdessen sollten sich alle Parteien – von der Linken bis zur CSU – wieder einen Wettbewerb um die besten Ideen für das Land liefern. Dann sollte auch dem letzten deutlich werden, was die AfD im Angebot hat: Angst und Hetze.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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