Meinung

Rezept gegen Populismus: Warum die SPD Ungerechtigkeit bekämpfen muss

Ungerechtigkeit ist ein Nährboden für Populist*innen. In Zeiten des Wandels wird sie zu einer immer größeren Gefahr für die Demokratie. Die SPD hat das erkannt und will gegensteuern. Sie hat bereits gezeigt, wie das aussehen kann.
von Kai Doering · 17. Juli 2023
Plakataktion der SPD im vergangenen Jahr: Die Erhöhung des Mindestlohns war ein wichtiger Schritt, um Ungerechtigkeit zu bekämpfen.
Plakataktion der SPD im vergangenen Jahr: Die Erhöhung des Mindestlohns war ein wichtiger Schritt, um Ungerechtigkeit zu bekämpfen.

Dass eine 27 Jahre alte Schrift im Sommer 2023 zu einem Buch der Stunde werden würde, hätte Michael Sandel wohl selbst nicht erwartet. 1996 veröffentlichte der amerikanische Philosoph und Harvard-Professor sein Werk „Democracy‘s Discontent“. Im Mai erschien es – vollständig überarbeitet und aktualisiert – auf Deutsch. In „Das Unbehagen in der Demokratie“ analysiert Sandel auf mehr als 500 Seiten, wie der neoliberale Kapitalismus sowie zunehmende Ungleichheit und Ungerechtigkeit Gesellschaften spalten und so den Nährboden für Populisten bereiten, die die Demokratie bedrohen.

Sandel rennt bei der SPD offene Türen ein

„Wir müssen den Kapitalismus mit Blick auf sein Verhältnis zur Demokratie neu entwerfen“, fordert Sandel, der zu den Lieblingsautoren von Bundeskanzler Olaf Scholz zählt. In der SPD rennt Sandel damit offene Türen ein. Sein Ziel sei, eine neue Wirtschaftspolitik zu prägen, „die Gemeinwohl und die Rolle des Staates wieder in den Mittelpunkt rückt“, kündigte Parteichef Lars Klingbeil jüngst an.

Eine Neujustierung ist auch dringend notwendig. Nur 17 Prozent der Menschen glauben, es gebe Verteilungsgerechtigkeit in Deutschland. Das ergab eine Studie der Bertelsmann-Stiftung im vorigen Jahr. Laut ZDF-Politbarometer stufen rund 62 Prozent der Befragten die soziale Lage in Deutschland als sehr ungerecht bis ungerecht ein. Welche Folgen das hat, zeigt der Höhenflug der rechtspopulistischen und in Teilen rechtsextremen AfD. In einer Zeit der Veränderung ist das Bedürfnis nach Antworten besonders groß. Können die demokratischen Parteien sie nicht ausreichend geben, profitieren Populist*innen mit ihren einfachen Antworten und falschen Versprechen.

Ein Versprechen von Respekt

Wie es anders gehen kann, haben die SPD und Olaf Scholz im Bundestagswahlkampf angekündigt. Da zog der Kanzlerkandidat mit dem Versprechen von Respekt durchs Land. Mit Leben gefüllt wurde der Begriff etwa mit der Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro. Aus Sicht von Michael Sandel ein Weg, „um die Würde der normalen Arbeit wieder zu steigern“. Daran sollte die SPD weiter anknüpfen.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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