Panzerkoalition: Wie die Verbündeten Deutschland im Stich lassen
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Was musste sich Olaf Scholz zum Thema Panzerlieferungen an die Ukraine in den vergangenen Monaten nicht alles anhören: Er sei ein Zögerer, Zauderer, Beschwichtiger. Zwar betonte er immer wieder, wie wichtig es sei, sich mit seinen Verbündeten, allen voran den USA, abzusprechen und wies im gleichen Atemzug darauf hin, dass Deutschland bereits sehr viel leiste, um die Ukraine zu unterstützen – humanitär, wie militärisch. Doch es half nichts. Zu der humanitären Seite mal nur eine Zahl: Allein 2022 registrierten die zuständigen Behörden über 1.040.000 geflüchtete Ukrainer*innen in Deutschland. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von einer „überwältigenden Solidarität der deutschen Gesellschaft“.
Ebenso kann sich die militärische Leistung sehen lassen: Deutschland hat bis jetzt laut SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius 1.200 ukrainische Soldat*innen an Waffensystemen ausgebildet. Genauer: am Raketenwerfer Mars II, der Panzerhaubitze 2000 oder dem Schützenpanzer „Marder“. Das sei von zentraler Bedeutung, so der Verteidigungsminister, denn gerade die Ausbildung und die Lieferung von Waffen müssten Hand in Hand gehen.
Die angesprochenen Panzerhaubitzen werden übrigens schon länger im Krieg von der Ukraine eingesetzt, ebenso der Flugabwehrpanzer „Gepard“. In naher Zukunft erlernen ukrainische Soldat*innen auf deutschen Truppenübungsplätzen den Umgang mit dem heißbegehrten Kampfpanzer „Leopard“.
Wo bitte zögert der Bundeskanzler?
Beim Lesen dieser Leistungen Deutschlands stellt sich eine Frage: Wo bitte zögert und zaudert der Bundeskanzler denn? Eher bewährt sich, was SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich kurz nach der Entscheidung von Olaf Scholz, „Leopard“-Panzer an die Ukraine zu liefern, gesagt hat: Eine Politik in Zeiten eines Krieges mache man nicht im Stil von Empörungsritualen, „sondern mit Klarheit und Vernunft“. Mittlerweile läuft die Lieferung der Kampfpanzer an die Ukraine nur schleppend voran – doch, und das ist die vielleicht wichtigste Erkenntnis: Das liegt nicht etwa an Deutschland.
Im Gegenteil: Die Bundesrepublik ist mit dem Ziel, der Ukraine „Leopard“-Panzer zu liefern, fast noch ganz allein. Bis auf Polen und Portugal gab es noch keine weiteren Zusagen. Wobei Polen, das muss an der Stelle auch erwähnt werden, Deutschland immer wieder vehement und öffentlichkeitswirksam aufforderte, die Einwilligung für die Lieferung von Kampfpanzern aus deutscher Produktion zu geben. Allerdings ist inzwischen bekannt, dass lange gar kein Antrag aus Polen vorlag.
Planung zur Lieferung von "Leopard-Panzern" nicht berauchend
Jetzt stellt sich sogar noch heraus: Bei den Leopard-Panzern aus Polen gibt es möglicherweise Probleme, was den Zustand und Einsatzfähigkeit der Panzer angeht. Das zumindest sagte Boris Pistorius in dieser Woche. Deutschland wolle 14 Kampfpanzer liefern, Portugal immerhin drei. Zur Erinnerung: Zwei Bataillone á 31 Leopard-2-Panzer sollen eigentlich an die Ukraine gehen. Dementsprechend sagte Boris Pistorius, dass die Planung zur Lieferung von Dutzenden „Leopard“-Panzern nicht so berauschend laufe.
Ob er Verständnis für Länder habe, die erst wahnsinnig Druck gemacht hätten, Panzer zu liefern und jetzt Lieferprobleme hätten, wurde der Verteidigungsminister deshalb gefragt. „Ich bewege mich auf diplomatischen Parkett, daher würde ich sagen wenig“, fiel eine Antwort deutlich aus. Anfang Februar zeigte sich Rolf Mützenich noch „ganz gespannt“, wie sich etwa die Niederlande in dieser Frage positionieren.
Das Land hatte frühzeitig „Leopard“-Panzer in Aussicht gestellt. Jetzt wurde diese Woche bekannt: Die Niederländer wollen wohl doch keine Kampfpanzer liefern. Am Freitag hieß es: Nach langem Hin und Her will der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte nun doch „Leopard 1“-Panzer an die Ukraine liefern. Ausgang ungewiss.
Das alles zeigt: Der Vorwurf eines zögerlichen Verhaltens des Bundeskanzlers ist nur vorgeschoben. Offensichtlich gab es, laut Rolf Mützenich, in einigen EU-Staaten innenpolitische Motive, um auf deutsche Panzerlieferungen zu drängen. Leidtragender ist die Ukraine. Man könnte es auch anders ausdrücken, nämlich: Internationale Panzerkoalition? Von wegen!