Meinung

Nach Thüringen: Die SPD ist notwendiger denn je

Mit der Wahl von Thomas Kemmerich in Thüringen haben CDU und FDP eine Grundvereinbarung zur Verteidigung der Demokratie gebrochen, meint Hans-Jochen Vogel. Die SPD muss standhaft bleiben und die Demokratie beschützen.
von Hans-Jochen Vogel · 11. Februar 2020
Die SPD hat sich in Thüringen sauber verhalten. Sie muss dies auch künftig tun, weil der Schutz der Demokratie das erfordert, meint Hans-Jochen Vogel.
Die SPD hat sich in Thüringen sauber verhalten. Sie muss dies auch künftig tun, weil der Schutz der Demokratie das erfordert, meint Hans-Jochen Vogel.

Die Wahl von Thomas Kemmerich zum thüringischen Ministerpräsidenten ist deshalb von elementarer politischer Bedeutung, weil die FDP und die CDU dort erstmals die von den demokratischen Parteien zur Verteidigung der Demokratie getroffene Vereinbarung, dass es keinerlei Zusammenarbeit mit der AfD geben darf, damit gebrochen haben. Mit Zustimmung der thüringischen FDP und CDU hat nämlich Thomas Kemmerich seine Wahl als Ministerpräsident angenommen, obwohl er und die beiden Parteien wussten, dass seine Wahl nur mit Hilfe der Stimmen der AfD-Fraktion zustande gekommen war. Und damit einer Fraktion, die von dem rechtsextremistischsten AfD-Politiker, nämlich von Björn Höcke, geführt wird.

Es bedarf einer Glaubwürdigkeitsprüfung

Offenbar war den Beteiligten die Verhinderung einer neuen Ministerpräsidentschaft Bodo Ramelows wichtiger als die Einhaltung der Grundvereinbarung. Herr Lindner hat als FDP-Bundesvorsitzender Kemmerich sogar zunächst zu seiner Wahl herzlich gratuliert. Auch die CDU hat die Beteiligung der AfD zunächst hingenommen. Erst die bundesweite Empörung hat hier zu einer Korrektur geführt. Was bleibt, ist die Unsicherheit, ob die CDU und die FDP die getroffene Grundvereinbarung künftig in jedem Falle einhalten werden. Dafür bedarf es einer exakten Glaubwürdigkeitsprüfung.

Unsere Partei hat sich in der Sache klar, sauber und eindeutig verhalten und vor der Inanspruchnahme der AfD nachdrücklich gewarnt. Sie muss dies auch künftig tun, weil der Schutz der Demokratie das erfordert. Dabei darf sie in Thüringen durchaus daran erinnern, dass dort 1930 die erste Koalition unter Beteiligung der NSDAP zustande kam. Diese stellte damals in der Person Wilhelm Fricks den Innen- und den Volksbildungsminister. Erinnern darf – ja muss – sie auch daran, dass sie in ihrer 156-jährigen Geschichte immer für die Demokratie gekämpft und sie verteidigt hat. So auch im März 1933, als sie Hitlers Ermächtigungsgesetz ablehnte, dem alle anderen Parteien zustimmten.

Aus all diesen Gründen ist unsere Partei notwendiger denn je!

Autor*in
Hans-Jochen Vogel
Hans-Jochen Vogel

1926 bis 2020, war von 1987 bis 1991 Parteivorsitzender der SPD, von 1972 bis 1974 unter Bundeskanzler Willy Brandt Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau und 1974 bis 1981 unter Bundeskanzler Helmut Schmidt Justizminister.

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