Kultur

Zehnmal beschweren, nur neunmal zahlen

von Die Redaktion · 7. Oktober 2011
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Neulich wollte der Innenminister eines ziemlich großen Bundeslandes den Kommunen Gutes tun. Er versprach ihnen 300 Millionen Euro Soforthilfe. Das ist viel Geld, wenn man als Arbeitsloser auf 40 Quadratmetern und knietief im Dispo lebt. Das ist nicht ganz so viel, wenn man die Kohle auf 17 845 154 Einwohner dieses ziemlich großen Bundeslandes aufteilt. Dann bleiben schlanke 17 Euro pro Nase bei einer kommunalen Pro-Kopf-Verschuldung von rund 7500 Euro zum Beispiel in Unterhausen, wir wollen keine Klarnamen nennen.

Das Geld langt gerade, um im Ratskeller ein paar Deckel zu begleichen. Der kluge Kämmerer aber wird jeden Cent in den Kassenkredit genannten Dispo stecken. Vielleicht gibt es dafür zum Weltspartag von der Hausbank einen hübschen Eiskratzer, ein Präsent, das er umgehend in die Bilanz seiner Stadt einpflegen sollte. Den Gemeinden geht's nicht gut. Früher war Geld für alles da. Wenn's im Jugendzentrum durchs Dach geregnet hat, ein Anruf, am nächsten Tag wurde es dicht gemacht, das Dach. Dicht gemacht wird heute auch noch - allerdings gleich das ganze Jugendzentrum.

In den letzten Jahren haben die Städte Unternehmer gespielt, haben Stadthallen privatisiert, Abwasserkanäle in die USA verleast. Das geschah gerne als Public Privat Partnership. Öffentliche Hand und Private, Hand in Hand. Da wäscht oft eine Hand die andere und Privatisierung ändert auch das Einkommen der Beteiligten. Es gibt mehr Kohle, für die als Geschäftsführer ver- und entsorgten Fraktionsführer verschiedener Parteien, weniger für die Beschäftigten. Dabei ließe sich auch rathausintern einiges bewegen. Der Bürger muss merken, dass Verwaltung kostet. Er soll Bürokratie als Erlebnis erfahren. Unter
20 Euro kommt keiner mehr aus dem "Rathaus Event Center" raus.

Auf der Einnahmeseite lässt sich einiges verbessern, mit der Einführung der Rathauscard etwa. Motto: zehnmal beschweren, nur neunmal zahlen. Eine Bewilligung gibt's gratis oben drauf. Wer mehr investiert, bekommt die Golden Rathaus Card: Ihre Anträge werden jetzt garantiert gelesen - vor der Ablehnung. Oder die Platin Card: Ihre Anträge werden garantiert nicht gelesen - sondern blind bewilligt.

Wenn auch das nicht klappt, macht "Brot für die Welt" ein Büro auf in einem Stadtteil mit besonderem Erneuerungsbedarf, und spätestens im Winter lässt die Regierung Carepakete abwerfen.

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