Ähnlich wie Kate Kühl, Otto Reutter und zahlreiche andere Größen der deutschen Künstlerszene zwischen den Kriegen stammte Claire Waldoff ursprünglich nicht aus Berlin, sondern wurde am 21. Oktober 1884 in Gelsenkirchen als Clara Wortmann geboren. Aus finanziellen Gründen blieb ihr ein Medizinstudium verwehrt und so ließ sie sich zur Schauspielerin ausbilden und tingelte anschließend durch die Theater der Provinz.
1907 tauchte sie erstmals in Berlin auf und bekam ein Engagement am "Figaro-Theater" am Kurfürstendamm. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie sich längst den Künstlernamen Claire Waldoff zugelegt,
aber erst auf den Bühnen des "Chat Noir" in der Friedrichstraße und des "Linden-Cabarets" erlernte sie den schludrigen Berliner Dialekt, der sie über die Grenzen der Hauptstadt hinaus bekannt
machen sollte.
Symbol der neuen Frau
Die Waldoff mauserte sich während der Weimarer Republik zu einem Symbol der Neuen Frau, die selbstbewusst, unabhängig und den Männern gleichgestellt auftrat. Auf der Bühne sang sie in
Hemdbluse und Krawatte heiter-frivole Gassenhauer wie "Fang nie was mit Verwandtschaft an" und "Warum liebt der Wladimir jrade mir", die ihr Lyriker wie Kurt Tucholsky, Erich Kästner und Joachim
Ringelnatz auf den Leib schrieben. Zudem wurde sie mit ihrer Lebensgefährtin Olga von Roeder zum Mittelpunkt des lesbischen Berlins, das etwa im Damenclub "Pyramide" in Berlin-Schöneberg
zusammenfand.
Claire Waldoff verkörperte den fragwürdigen, trunken taumelnden Glanz der Goldenen Zwanziger, und das nicht nur als eine unangefochtene Größe in der Berliner "Scala" und dem "Wintergarten",
sondern darüber hinaus auch in der Provinz, wo sich ihre Schallplatten in Rekordhöhe verkauften. Auf dem Gipfel ihres Erfolgs verfügte die Waldoff schließlich über ein Repertoire von rund 300
Chansons und Couplets.
Schleichendes Karriereende
Das Ende ihrer Karriere kam schleichend. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 wurde über sie ein Berufsverbot verhängt, das jedoch bald wieder aufgehoben werden musste
- zu groß war die Popularität, die die Waldoff ungeachtet ihres sozialdemokratischen Engagements in der Bevölkerung genoss. Allerdings versagten ihr immer mehr Bühnen unter dem zunehmenden
politischen Druck den Auftritt und so zog sich die Waldoff 1939 endgültig aus Berlin zurück. In Bayrisch Gmain schien sie sich selbst zu überleben, bis sie 1942 zur Truppenbetreuung engagiert
wurde und vor Wehrmachtssoldaten im besetzten Paris auftrat. Diese Darbietung war der glanzlose Schwanengesang ihrer Laufbahn.
Nur ein paar leuchtende Jahre
Nach dem Krieg gelang es ihr nicht, an alte Erfolge anzuknüpfen; die Kabarettszene unterlief großen Veränderungen, denen sich die Waldoff nicht anpassen konnte. Mit der Währungsreform 1948
verlor sie zudem ihre Ersparnisse und lebte fortan in Armut, bis ihr die Stadt Berlin 1954 eine kleine Ehrenrente zusprach.
Eine Würdigung ihres Werkes jedoch blieb ihr vorenthalten, und als 1953 ihre Autobiografie "Weeste noch …!" erschien, stieß diese auf geringes Echo und so verstarb die Waldoff von der
Öffentlichkeit nahezu unbeachtet am 22. Januar 1957 in Bad Reichenhall - Sie war aus dem Nichts gekommen und wieder im Nichts verschwunden. Was dazwischen lag, waren ein "paar leuchtende Jahre",
wie Mascha Kaléko sie bezeichnete. Und auch die sind vergangen.
erhielt 2008 den Literaturpreis des Landes Sachsen-Anhalt, 2011 erschien sein erster Roman, „Folgen einer Landpartie“.