Kultur

"Warum orientieren sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer rechts?"

von Die Redaktion · 21. Juni 2006
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Im Vordergrund stand die Fragestellung welche Zusammenhänge es zwischen

Veränderungen in der Arbeitswelt und der Entstehung und Verbreitung rechter

Einstellungen gibt. Einleitend sprachen Günther Schultzke von der

Friedrich-Ebert-Stiftung, Volker Roßocha vom DGB und Sebastian Edathy (SPD),

Vorsitzender des Innenauschusses des Deutschen Bundestages.



Rechtsextremismus Herausforderung für den Rechtsstaat


Edathy betonte in seiner Rede die Brisanz des Themas. Rechte Orientierungen

seien eine "fundamentale Herausforderung des deutschen Rechtsstaates". Bei

zu vielen Wahlen seien bereits Radikalisierungen hin zu rechtsextremistischen

Parteien zu verzeichnen. In manchen Regionen leiste die NPD gezielte

Jugendarbeit. Dementsprechend müsse man bereits in der Grundschule

demokratische Werte lehren, um späteren Einflüssen durch rechte

Orientierungen vorzubeugen. Demokratie werde schließlich nicht vererbt,

sondern müsse erlernt werden, so Edathy.

Er machte aber auch darauf aufmerksam, dass man Rechtsextremisten als

Grundrechtsträger anerkennen müsse. Es verstöße gegen das Grundgesetz,

ein Demonstrationsverbot gegen sie zu verhängen.

Studie: NPD-Themen für Arbeiter attraktiv

Im Anschluss stellten drei renomierte Professoren und Doktoren ihre

Untersuchungen und Umfragen vor. Prof. Klaus Dörre zum Beispiel fand

durch Interviews heraus, dass viele Arbeiter sich von Themen der NPD

angesprochen fühlen, ihnen die Partei selbst in ihrer Handlungsart aber zu

radikal ist. Allerdings outete sich fast niemand während eines Interviews als

rechtsradikal. Viele mussten erst Vertrauen zum Interview-Partner aufbauen, um

im späteren Gesprächsverlauf rechtsradikale Gedankengänge offen zulegen.

In der Studie von Dr. Werner Schmidt vergleicht dieser anhand von Interviews

und Fragebögen drei Betriebe von unterschiedlicher Größe und mit einem

unterschiedlich hohen Ausländeranteil. Es scheint demnach so, als seien viele

Arbeiter ihren Kollegen gegenüber loyal, hegten aber trotzdem insgeheim

Vorbehalte. Weiterhin zeigte sich eine klare Grenze zwischen betrieblichem und

privatem Denken. Der Betrieb gilt als sozialer Ort, viele Arbeiter seien auch so

aneinander gewöhnt, dass der Migrationshintergrund nicht im Bewußtsein der

Arbeiter dominiert. Privat hingegen neigen einige zu rechtsextremen Ansichten.



Rechtes Gedankengut auch in Gewerkschaften


Es folgte die Studie von Prof. Dr. Richard Stöss. Er beschäftigte sich mit

folgender Frage "Wie stark ist rechtsextremistisches Denken unter

Gewerkschaftsmitgliedern verbreitet?". Dabei zeigte sich, dass Gewerkschaftler

in ganz Deutschland anfällig für rechte Orientierungen sind, genauso stark wie

Nichtgewerkschaftler. 50 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder gehören zur

Mittelschicht und sind somit Träger der gewerkschaftlichen Politik. Als Verlierer

der Globalisierung teilen aber gerade sie zunehmend kritische Einstellungen

gegenüber dem System und zeigten oft starke Neigungen zum

Rechtsextremismus.

In den sich anschließenden Arbeitsgruppen diskutierten Gewerkschaftler und

Betriebsräte gemeinsam über Strategien und Konzepte und suchten nach

neuen Ideen. Ideen, um rechtsextremistischen Tendenzen vorzubeugen oder

diese rechtzeitig zu bekämpfen.

Dagmar Lappe

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