"Warum orientieren sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer rechts?"
Im Vordergrund stand die Fragestellung welche Zusammenhänge es zwischen
Veränderungen in der Arbeitswelt und der Entstehung und Verbreitung rechter
Einstellungen gibt. Einleitend sprachen Günther Schultzke von der
Friedrich-Ebert-Stiftung, Volker Roßocha vom DGB und Sebastian Edathy (SPD),
Vorsitzender des Innenauschusses des Deutschen Bundestages.
Rechtsextremismus Herausforderung für den Rechtsstaat
Edathy betonte in seiner Rede die Brisanz des Themas. Rechte Orientierungen
seien eine "fundamentale Herausforderung des deutschen Rechtsstaates". Bei
zu vielen Wahlen seien bereits Radikalisierungen hin zu rechtsextremistischen
Parteien zu verzeichnen. In manchen Regionen leiste die NPD gezielte
Jugendarbeit. Dementsprechend müsse man bereits in der Grundschule
demokratische Werte lehren, um späteren Einflüssen durch rechte
Orientierungen vorzubeugen. Demokratie werde schließlich nicht vererbt,
sondern müsse erlernt werden, so Edathy.
Er machte aber auch darauf aufmerksam, dass man Rechtsextremisten als
Grundrechtsträger anerkennen müsse. Es verstöße gegen das Grundgesetz,
ein Demonstrationsverbot gegen sie zu verhängen.
Studie: NPD-Themen für Arbeiter attraktiv
Im Anschluss stellten drei renomierte Professoren und Doktoren ihre
Untersuchungen und Umfragen vor. Prof. Klaus Dörre zum Beispiel fand
durch Interviews heraus, dass viele Arbeiter sich von Themen der NPD
angesprochen fühlen, ihnen die Partei selbst in ihrer Handlungsart aber zu
radikal ist. Allerdings outete sich fast niemand während eines Interviews als
rechtsradikal. Viele mussten erst Vertrauen zum Interview-Partner aufbauen, um
im späteren Gesprächsverlauf rechtsradikale Gedankengänge offen zulegen.
In der Studie von Dr. Werner Schmidt vergleicht dieser anhand von Interviews
und Fragebögen drei Betriebe von unterschiedlicher Größe und mit einem
unterschiedlich hohen Ausländeranteil. Es scheint demnach so, als seien viele
Arbeiter ihren Kollegen gegenüber loyal, hegten aber trotzdem insgeheim
Vorbehalte. Weiterhin zeigte sich eine klare Grenze zwischen betrieblichem und
privatem Denken. Der Betrieb gilt als sozialer Ort, viele Arbeiter seien auch so
aneinander gewöhnt, dass der Migrationshintergrund nicht im Bewußtsein der
Arbeiter dominiert. Privat hingegen neigen einige zu rechtsextremen Ansichten.
Rechtes Gedankengut auch in Gewerkschaften
Es folgte die Studie von Prof. Dr. Richard Stöss. Er beschäftigte sich mit
folgender Frage "Wie stark ist rechtsextremistisches Denken unter
Gewerkschaftsmitgliedern verbreitet?". Dabei zeigte sich, dass Gewerkschaftler
in ganz Deutschland anfällig für rechte Orientierungen sind, genauso stark wie
Nichtgewerkschaftler. 50 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder gehören zur
Mittelschicht und sind somit Träger der gewerkschaftlichen Politik. Als Verlierer
der Globalisierung teilen aber gerade sie zunehmend kritische Einstellungen
gegenüber dem System und zeigten oft starke Neigungen zum
Rechtsextremismus.
In den sich anschließenden Arbeitsgruppen diskutierten Gewerkschaftler und
Betriebsräte gemeinsam über Strategien und Konzepte und suchten nach
neuen Ideen. Ideen, um rechtsextremistischen Tendenzen vorzubeugen oder
diese rechtzeitig zu bekämpfen.
Dagmar Lappe