Kultur

Von Emma zu Alpha?

von Edda Neumann · 30. September 2008
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Als Alphamädchen, F-Klasse-Frauen oder Neue Deutsche Mädchen sind sie bekannt. Diese neuen Feministinnen distanzieren sich deutlich von Alice Schwarzer der "Emma" - Herausgeberin und Ikone der "alten" Frauenbewegung. Die strittige These der Veranstaltung "Von Emma zu Alpha?" signalisiert, dass sich ein Wandel vollzogen hat. Der Feminismus der siebziger Jahre mit seinem eher schlechten Image scheint überholt. Alle Anzeichen sprechen bereits für eine "dritte Welle" des Feminismus. Neue Studien widmen sich verstärkt dem Thema Emanzipation. Bildung, Männer, Kinder und Karriere stehen dabei im Vordergrund. Wie stehen junge Frauen zu diesen Themen? Und was sind ihre Wünsche und Ängste? Alles das hat beispielsweise die neue Brigitte-Studie "Frauen auf dem Sprung" zu beantworten versucht. Das Ergebnis zeigt, dass junge Frauen heutzutage zielstrebig, unabhängig und selbstbewusst ihren Weg gehen. Die Zeit des Entweder-Oder ist damit endgültig vorbei: Sie wollen Geld verdienen und Kinder bekommen. Die Aufgabe der Politik wird es sein, diese Entwicklung voran zu treiben. Verbesserte Kinderbetreuungsmöglichkeiten und flexible Arbeitszeiten stellen hierfür die Weichen. Alter oder neuer Feminismus? In der Debatte um die Deutungshoheit nennen die Alphamädchen den alten Feminismus verstaubt oder erklären ihn sogar für tot. Sie treten für einen männerfreundlichen Feminismus ein. Von der anderen Seite lautet der Vorwurf auf unpolitischen "Wellness - Feminismus", wie Alice Schwarzer es einmal nannte. Anscheinend sind die Fronten so verhärtet, dass es keine Solidarität zwischen den Frauen geben kann. Und doch haben die Aktivistinnen der ersten Stunde viele Schlachten geschlagen, wovon heute noch profitiert wird: das Recht auf Schwangerschaftsabbruch, sexuelle Selbstbestimmung und viele weitere Freiheiten. In diesem Widerstreit der Meinungen ist es berechtigt zu fragen: Was ist neu und was ist alt am Feminismus? Eigentlich habe sich nicht viel geändert. Es gäbe noch immer keine gleichberechtigte Gesellschaft, gab Barbara Seidel, Journalistin und Autorin des Buches "Wir Alphamädchen: Warum Feminismus das Leben schöner macht" auf diese Frage zu verstehen. Auch Ute Scheub, Freie Journalistin und Publizistin, ist der Ansicht, der neue Feminismus mache keinen großen Unterschied zum alten. Bei beiden sei Selbstbestimmung das zentrale Thema. Tissy Bruns, Leiterin des Parlamentsbüros für den Berliner Tagesspiegel, machte darauf aufmerksam, dass der Mittelpunkt des Feminismus zwar Freiheit bedeute, aber heute eine neue Unfreiheit herrsche. Insbesondere Mädchen aus der "Unterschicht" und muslimische Mädchen seien von schlechten sozialen Bedingungen und vorgeschriebenen sexuellen Rollen betroffen. Der selben Ansicht war auch Dr. Sabine Hark, Professorin für Geschlechterforschung an der Universität zu Köln. In ungefähr zwanzig Jahren werde es viele junge Frauen mit Migrationshintergrund geben und die problematische Frage der Emanzipation werde sich erneut stellen. Herausforderungen für die Zukunft Mittlerweile machen viele Frauen Karriere in Politik, Wirtschaft und anderen wichtigen Bereichen. Es scheint, als sei Angela Merkel als Bundeskanzlerin der krönende Abschluss dieser Entwicklung hierzulande. Schaffen Frauen in hohen Positionen auch Vorbilder für die Zukunft? Franziska Drohsel, Bundesvorsitzende der JUSOS, sieht in dieser Entwicklung etwas Positives. Es vermittle den jungen Frauen ein Vorbild. Einwende dagegen erhoben Ute Scheub und Tissy Bruns. Der Erfolg auf den Feminismus sei fraglich, denn dieser verschleiere die noch immer vorhandenen Ungleichheiten. Zu den Herausforderungen für eine gleichberechtigte Gesellschaft gehört ebenfalls die Neubewertung von Mutterschaft. Die Vorstellung von den Rabenmüttern, die ihre Kinder in Betreuungsstätten abgeben, um arbeiten zu gehen, ist noch immer in einigen Köpfen präsent. Dabei bräuchten Frauen heute gar nicht mehr wählen zwischen Kind und Beruf, sondern sie könnten beides zusammen haben, so Barbara Streidl. Für einen erfolgreichen Feminismus sei es auch wichtig, das Erreichte zu nutzen. Frauen hätten bereits schon genügend Gestaltungsfreiheit für ihr Leben gewonnen. Diesen Freiheitsgewinn sollten sie nach allen Seiten ausnutzen, so Tissy Bruns abschließend. Zu hoffen bleibt, dass zukünftig auch Frauen mit Migrationshintergrund in die Feminismus-Debatte mit einbezogen werden, denn sie würden noch mal einen wichtigen Blick über den Tellerrand hinaus liefern.

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