Sie ist dagegen, dass bei jedem Problem "ausschließlich beim Markt oder beim Staat" nach der Lösung gesucht wird. Auch dem vermeintlichen Allheilmittel Privatisierung kann sie nichts abgewinnen. Elinor Ostrom, Professorin für Politikwissenschaft, die 2009 als erste Frau den Wirtschaftsnobelpreis erhielt, setzt auf Kreativität und Kommunikation.
Sie ist sicher, dass wenn man die Menschen vor Ort an der Lösung der Probleme beteiligt, die ihr unmittelbares Leben betreffen, Respekt, Zusammenhalt und Verantwortung für die Gemeingüter
dieser Welt wachsen. Nur so könne es gelingen, dass mit den gemeinsam genutzten Dingen so umgegangen wird, dass alle Menschen ihre Bedürfnisse langfristig befriedigen können. Das klingt
plausibel.
Elinor Ostrom geht der Sache am Beispiel der Wälder, der Atmosphäre und der Meere nach. Warum werden sie unaufhaltsam gerodet, extrem belastet oder ganz einfach leergefischt? Liegt es
wirklich daran, dass die Menschen eben so sind, die einen weil sie reich werden wollen, die anderen weil sie arm sind und von der Ressourcenzerstörung leben müssen? Nein, sagt sie sehr
entschieden. Der Mensch sei mehr als nur ein "individueller Nutzenmaximierer" Er sei vielmehr ein "auf Kooperation angelegtes soziales Wesen". Das Mittel der Kooperation sei die Sprache.
Konkurrenz und Egoismus gebe es auch bei Insekten. "Die Frage ist nicht, ob Menschen kooperieren wollen, sondern wie ihnen geholfen werden kann, das zu tun", sagte sie Mitte 2010 in Berlin.
Weg
von Markt und Staat
Und so lotet sie die Bedingungen für Kooperation aus. Sie sucht die Antwort auf die Frage, wie Gemeingüter in einer Welt gedeihen können, in der es mehr Ansporn gibt zu konkurrieren statt
zu kooperieren. Und sie findet sie - jenseits von Markt und Staat. Unzählige Forschungen der Ostrom-Schule belegen, dass "Gemeingüter Karriere machen". In aller Welt haben "Nutzergruppen
vielschichtige Eigentums- und Bewirtschaftungsformen entwickelt, um das, was sie zum Leben brauchen, weitgehend selbst zu kontrollieren" - vom Mietshäusersyndikat über urbane Gärten in Städten
bis zu Beteiligungsmodellen im Energiebereich.
So etwas umzusetzen brauche es "Ermutigung, Unterstützung und Raum zum Experimentieren". Institutionen müssen geschaffen werden, die es erleichtern zu "kooperieren, statt im weltweiten
Wettbewerb zu verlieren". Wie schwierig es ist, Regeln der Ressourcennutzung zu vereinbaren und deren Einhaltung zu kontrollieren und wie komplex, funktionierende Institutionen für Gemeingüter
aufzubauen, beschreibt Elinor Ostrom konkret und nachvollziehbar.
Es ist Silke Helferich, Expertin für Gemeingüter in Deutschland, zu verdanken, dass Ostroms Ideen, beruhend auf deren Aufsatz "The hallenge of Common-Pool-Ressources" ("Die
Herausforderung der Gemeinressourcen", erschienen 2008 in "Science and Policy for Sustainable Development") und deren Interview "Rethinking Institutional Analysis" ("Institutionsanalyse neu
denken", erschienen 2003 im Sammelband "Challenging Institutional Analysis und Development") nun auf Deutsch nachzulesen sind. Ein kleiner Band, der es in sich hat, ergänzt mit einem
detaillierten Glossar, das Fachbegriffe erklärt und Hintergrundinformationen liefert.
Elinor Ostrom: Was mehr wird, wenn wir es teilen. Vom gesellschaftlichen Wert der Gemeingüter, Oekom Verlag 2011, 128 Seiten, 14,95 Euro, ISBN978-3-86581-251-3