PPPs und die Politiker
Mit fachlich fundierten, wenn auch sehr speziellen Aufsätzen tragen Manfred Stolpe (SPD) und Wolfgang Clement (SPD) sicher zur Akzeptanz von PPPs bei. Stolpe konstatiert PPP als dritten Weg
zwischen einer staatlichen Alleinzuständigkeit für die öffentliche Infrastruktur und dem Abwälzen aller Risiken der Daseinsvorsorge in den privaten Bereich. Der Vergleich mit der Spendenfreudigkeit
von Reichen und Großunternehmen in Amerika bleibt hier nicht aus. Die europäische Alternative scheint jedoch nicht in freiwilligen Spenden von privater Seite wie in den USA zu liegen, da das zu
unangemessener und nahezu unkontrollierbarer Einflussnahme der " Reichen" auf das öffentliche Leben führen könnte. Im Gegensatz dazu könnten die PPPs ein Weg sein private Mittel in öffentlichen
Finanzen einzusetzen, um zielgerichtete und kontrollierbare Investitionen zum Zweck der Allgemeinheit zu erzielen. Dadurch würden die Staatsausgaben reduziert und generelle Steuersenkungen könnten
realisiert werden.
Clements Praxisbezug als einer der Autoren des Beschleunigungsgesetzes für öffentliche und private Partnerschaften (ÖPP) wird deutlich, wenn er für den Abbau von juristischen Hemmnissen und
für bessere Finanzierungsmöglichkeiten von PPPs zum Zwecke besseren Wettbewerbs plädiert. Ein derartiger qualitativer Schritt nach vorn löst nach seiner Einschätzung einen erheblichen
Wachstumsimpuls aus.
Der konkreteste Beitrag aus der Reihe der Politiker zur Nützlichkeit von PPPs kommt von Kurt Beck (SPD). Er schildert die Auswirkungen der Truppenreduzierung in Rheinland-Pfalz für die
wirtschaftliche Situation des Bundeslandes und benennt als eine der erfolgreichsten "Konversionspolitiken" das PPP "Pre-Park". Diese Symbiose aus Arbeit, Wohnen, Einkaufen, Freizeit und Naherholung
wurde erreicht, indem ein großes ehemals militärisches Areal mit öffentlichen Mittel erschlossen wurde. Weitaus höhere Nachfolgeinvestitionen folgten von privater Seite. Die gesellschaftlich
positiven Folgeerscheinungen von Investitionen und Arbeitsplatzschaffung zeigen laut Beck, "(…) dass nachhaltige Entwicklung auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten möglich sind." Weiter davon
entfernt, PPPs als umfassende Heilsformel zu preisen, sind Becks Schlussfolgerungen konkret, positiv-kritisch.
Weil Beck nicht zu sehr ins Spezielle versinkt und einen gewissen Abstraktionsanspruch mit Allgemeingültigkeit am Ende aufrechterhält, ragt sein Beitrag weit über die von Jochen Dieckmann,
Thomas Straubhaar & Axel Michaelowa hinaus. Der erste beschreibt ein Verkehrsleitsystem im Ruhrgebiet, die beiden anderen ein System zur Bewertung von Anträgen für Verschmutzungsgutscheine
unter dem Kyoto Protokoll, die beide als PPPs organisiert sind. Leider fehlt in diesen Beiträgen eben genau das Quäntchen Abstraktion, das sie über ihren eigenen Tellerrand hinausschauen ließe.
Ganz zu schweigen von den Aufsätzen der politischen Entscheidungsträger wie Michael Glos (CSU) und Peer Steinbrück (SPD). Die fallen sehr kurz und oberflächlich aus und tragen nicht viel zum
beschriebenen Ziel und der allgemeinen Diskussion.
PPPs und die Unternehmer
Aus der Riege der Unternehmer tun sich Hans-Peter Keitel und Martin Weber mit guten Beiträgen hervor. Keitels Beispiele und sein Lob für das Engagement von Hochtief in PPPs lassen aber den
Verdacht aufkommen, dass vornehmlich die Großindustrie für diese Art von Zusammenarbeit mit dem Staat geeignet ist. Zweifellos ist es ein großer Vorteil über das "Finanzierungs-Know-how" und nicht
zuletzt die Mittel zu verfügen. Andererseits kann Hochtief Beispiele mit einem durchschnittlichen Einsparungspotenzial von 17 Prozent bei öffentlichen Investitionen mit Hilfe von PPPs vorweisen.
Weber stellt klar das PPPs aber kein Wundermittel sind, sondern "(…) eine Beschaffungsvariante bei der die öffentliche Hand durch die geschicktes Verbinden der Stärken des privaten und des
öffentlichen Sektors erhebliche Einsparungen zu Gunsten der Steuer- bzw. Gebührenzahlung erzielen kann." Der Staat verliert hierbei nicht Einfluss oder Kontrolle, sondern nur die eigentlich
ausführende Tätigkeit, zum Beispiel bei öffentlichen Baumaßnahmen. Das private Unternehmen investiert aufgrund der Zusage von regelmäßigen Zahlungen oder Nutzungsgebühren, zum Beispiel für
Autobahnen.
Zur Einleitung und zum guten Schluss
Martin Bury resümiert, dass PPPs ein Schritt vom Vater Staat zum Partner Staat sind und deshalb eine innovative Möglichkeit "(…) das durchaus vorhandene private Kapital für öffentliche
Aufgaben zu mobilisieren." Im Gegensatz zur bisherigen Schuldenfinanzierung von öffentlichen Infrastrukturvorhaben sieht er in PPPs einen Philosophiewandel durch den heute nötige Investitionen über
zukünftige Einnahmen finanziert werden können. Ein kleiner Zusatzpunkt zur Kostengerechtigkeit der Straßenmaut im Vergleich zu Bahnkunden, die die Infrastrukturkosten auch im Fahrpreis tragen,
erscheint ebenfalls erwähnenswert.
Oliver Driesen bemerkt in der Einleitung zu diesem Buch treffend, "(…) dass die seit Jahrzehnten geübte Praxis, dass Infrastruktur ein öffentliches Gut sei, demnach ausschließlich durch
Steuereinnahmen und von Hand der Verwaltung zu bewirtschaften sei, mehr und mehr ins Wanken" gerät. Dabei besteht ein nicht nur hoheitsrechtlicher Unterschied zwischen der Bundeswehr, den
Gefängnissen und dem Straßenbau, die Driesen allzu leicht vermischt. Ein Unterschied aber, der mit ausschlaggebend dafür sein dürfte, welche Bereiche in den privaten Sektor überführt werden können.
Driesen vernachlässigt auch die Gefahr der Vetternwirtschaft in seiner positiven Beschreibungen des "gegenseitigen Beziehungsnetzwerkes" in der amerikanischen Elite, die nach seiner Meinung Basis
für funktionierende PPPs ist. Die bekannteste Partnerschaft zwischen privaten Investoren und dem Staat ist wohl das Vorzeige-PPP " Londoner U-Bahn", bei dem es an allen Ecken und Ende knirscht.
Dies zeigt, dass trotz enormem Entwicklungspotenzials in diesem Feld wirtschaftlicher Zusammenarbeit auch Vorsicht bei der Abgrenzung der Zuständigkeiten geboten ist. Nicht von ungefähr dringen
viele der Autoren auf solide Verträge zwischen den Partnern.
Thomas Hörber
Lothar Pauly (Hrsg.), Das neue Miteinander - Public Private Partnership für Deutschland, Hoffmann und Campe, Hamburg 2006, 352 Seiten, 19,95 Euro, ISBN 3-455-09535-7,
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