Kultur

Unser Land am Abgrund ­

von Susanne Dohrn · 7. Oktober 2010
placeholder

Er stand im Zentrum des Orkans, als vor zwei Jahren die Finanzkrise ausbrach: Peer Steinbrück, Bundesfinanzminister der Großen Koalition 2005 bis 2009. Nun legt er mit seinem Buch "Unterm Strich" seine Abrechnung vor - mit den Finanzmärkten, der Politik und auch der eigenen Partei.

Versprechen einlösen
"Das große Versprechen, Menschen aus der Langzeitarbeitslosigkeit in Jobs zu vermitteln, ist nicht wirklich eingelöst worden", konstatiert er in Bezug auf die Hartz-Reformen. Die Erosion des Normalarbeitsverhältnisses, also der Vollzeitjobs, sei der "kräftigste Spaltpilz in unserer Gesellschaft".

Dass er die Arbeitsmarktreformen dennoch für notwendig hält, mag manchen Sozialdemokraten wurmen. Aber der Satz wirft ein Schlaglicht auf das Hauptanliegen dieses Buches: den Sozialstaat wetterfest zu machen, sodass er "Menschen so weit befähigt, dass sie entweder gar nicht erst in Nöte geraten oder sich aus Notlagen - mit fördernder Unterstützung - wieder befreien können." Das bettet Steinbrück ein in einen globalen Kontext. Der weltweite Wohlstand werde neu verteilt und es sei keineswegs ausgemacht, "dass wir unsere Position behaupten können, geschweige denn weiterhin zu den Gewinnern gehören".

Verlierer integrieren

Für Steinbrück lautet die Gleichung deshalb "Mehr Bildung = mehr Freiheit = mehr Solidarität = mehr Gerechtigkeit." Die SPD müsse sich an die Spitze umfassender Bildungsreformen stellen. Steinbrück: "Gelingt es einer Gesellschaft auf Dauer nicht, ihre Verlierer zu integrieren, untergräbt sie ihre Fundamente. Die Zentrifugalkräfte werden stärker und hebeln schließlich das System aus." Recht hat er.

Peer Steinbrück: "Unterm Strich", Hoffmann und Campe , Hamburg, 2010, 480 Seiten, 23 Euro, ISBN 978-3-455-50166-7


Autor*in
Avatar
Susanne Dohrn

ist freie Autorin und ehemalige Chefredakteurin des vorwärts.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare