"Mein Name ist Lohse, ich kaufe hier ein." Mit diesen Worten betrat Bernhard Victor von Bülow alias Loriot alias ebenjener frischpensionierte Heinrich Lohse das Geschäft in der Annahme, irgendwie besonders unter den ganzen anderen Kunden zu sein. Er scheitert kläglich an dem Verkaufspersonal, das davon nichts mitbekam.
"In diesem Ton kommen wir nicht ins Geschäft", erklärte Lohse und nahm eine sture Haltung ein, nicht bösartig, sondern auf die Umschmeichlung des Personals wartend. Und da war er wieder, der deutsche Spießbürger in all seiner eigentümlichen Liebenswürdigkeit. Wo er auftauchte, verursachte er unwissentlich blankes Chaos und sah sich dabei doch immer wieder als Opfer. "Pappa ante portas" (1991), Loriots beliebtester Spielfilm, zeigt den deutschen Michel als familiäres Grauen, das doch nur alles gut meint.
Und hierin liegt die Stärke des intelligenten wie grotesken Humors von Loriot: Er entlarvt die Lächerlichkeit von dem, was da so ernst daher kommt, doch er verlacht nicht. Niemand ist zum Schluss der Dumme, nicht einmal, wenn sich zwei Männer in der Wanne streiten. Vielmehr steckt in all den in ihrer Unalbernheit albernen Figuren, die Loriot zeichnete, spielte oder besang, immer ein Stück lebensechte Wahrheit.
Sie waren keine reinen Fantasiegestalten, sondern dem Alltag entnommen, abgelauscht. Um seinen Zuschauern aber den Spiegel möglichst realistisch und zugleich überzogen vorzuhalten, bedurfte es nicht nur eines hohen Maßes an Intelligenz und Sprachfertigkeit, sondern vor allem menschlicher Güte. Schon allein dieser Ansatz machte Loriot unsterblich, sei es als Opa Hoppenstedt oder als arroganter Verehrer mit der Nudel im Gesicht.
Loriot arbeitete mit Details wie ebendieser Nudel oder einem Schluckauf, vor allem aber mit der Sprache. Seine Szenen und Sketche lebten von den kommunikativen Hindernissen des Alltags, von den kleinen Missverständnissen und eine gelegentlichen Aneinander-Vorbeireden. Und natürlich von der deutschen Begrifflichkeit: Unvergessen jene Birne Helene, die eigentlich ein Apfel war.
Wer nun aber denkt, dass Loriot denselben spaßig-intelligenten, doch letztlich oberflächlichen Ton anschlug, den die leichtfüßigen Unterhaltungskünstler der ruhigen Fünfziger begründet hatten, hat Loriot wohl kaum verstanden. Denn wenn ein Vater seinem Sohn ganz begeistert ein Atomkraftwerk unter dem Weihnachtsbaum zusammenbaut oder ein tattriger Großvater von hämmernder Marschmusik vitalisiert wird, zeigt sich die politische Seite von Loriots Humor. Legendär auch seine verfälschten Kanzler-Interviews mit Helmut Schmidt als fachsimpelnden Politiker.
Unerreicht blieb Loriots Eigenheit, sich selbst stets zurückzunehmen. Er trat nie übermäßig in den Vordergrund, verspottete nicht, beleidigte nicht. Er blieb akkurat und wenn schon nicht über der Schmerzensgrenze, so doch über der Gürtellinie. All diese Eigenschaften lassen sich in der heutigen Unterhaltungsbranche kaum noch finden. Loriot ist über all die Jahre seines unermüdlichen Wirkens einmalig geblieben. Am 22. August verstarb Loriot im Alter von 87 Jahren.
erhielt 2008 den Literaturpreis des Landes Sachsen-Anhalt, 2011 erschien sein erster Roman, „Folgen einer Landpartie“.