Felix Krebs und Jörg Kronauer sind ausgewiesene Kenner des wesentlich im 19. Jahrhundert geprägten Korporationswesens, der Studentenverbindungen. "Füchse", "Burschen" und "Alte Herren", wie sich die Mitglieder nennen, passen nicht in die Welt des 21. Jahrhunderts. Das machen die Autoren deutlich und zeigen, dass diese Verbindungen mit einer modernen, weltoffenen und demokratischen Universität und Gesellschaft "schwer vereinbar" seien.
Willige Wegbereiter des Nationalsozialismus
Im deutschsprachigen Raum gibt es circa 19 000 Verbindungsstudenten und Studentinnen und über 137 000 "Alte Herren" und Damen in knapp 900 aktiven Bünden. Gemeinsam ist diesen Studentenverbindungen unter anderem das sogenannte Lebensbundprinzip: Man bleibt sein Leben lang Mitglied der Verbindung. Ihre korporierten Hierarchien, ihr Gesellschaftsbild und ihre verbindungsstudentische Erziehung charakterisieren Krebs und Kronauer als "stark geprägt von Idealen aus dem autoritätsfixierten Obrigkeitsstaat des Wilhelminismus". So waren Korporierte auch willige Wegbereiter des Nationalsozialismus.
Heute sind die Verbindungen in unterschiedlichen Dachverbänden organisiert. Krebs und Kronauer geben über sämtliche Verbände und ihre Dachinstitutionen Auskunft. Personelle Überschneidungen mit rechtsextremen Organisationen gibt insbesondere innerhalb der "Deutschen Burschenschaft" (DB). Sie ist der Dachverband, in dem etwa 100 Burschenschaften organisiert sind. In ihren Reihen tummeln sich in Deutschland und Österreich 10 000 "Alte Herren" und etwa 2000 aktive Studenten und Studentinnen.
SPD und Burschenschaften unvereinbar
Krebs und Kronauer erinnern in ihrer Studie daran, dass der SPD-Parteivorstand 2006 die Mitgliedschaft in der SPD und jene in der "Burschenschaftlichen Gemeinschaft" (BG) für unvereinbar erklärte. Er stufte die Programmatik der "Deutschen Burschenschaft"als "eindeutig biologistisch, völkisch und großdeutsch ausgerichtet" ein. Die BG ist der "radikale Flügel" innerhalb der "Deutschen Burschenschaft". Sie bekennt sich ihrem Gründungsprotokoll zufolge zum "volkstumbezogenen Vaterlandsbegriff" und unterstützt diesen "ohne Rücksicht auf staatliche Gebilde und deren Grenzen". Die Autoren kritisieren allerdings, dass die SPD-Mitgliedschaft und die Zugehörigkeit zur "Deutschen Burschenschaft" nicht generell für unvereinbar erklärt wurden.
Die Studie "Studentenverbindungen in Deutschland" regt zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Phänomen an. Sie ist ein empfehlenswerter Einstieg und ein lesenswerter Ratgeber für Interessierte an Schulen und Universitäten.
Krebs, Felix /Kronauer, Jörg: "Studentenverbindungen in Deutschland. Ein kritischer Überblick aus antifaschistischer Sicht", Unrast-Verlag, Münster, 64 Seiten, 7,80 Euro, ISBN 978-3-89771-107-5