Kultur

Sozialdemokratie als Heimat

von Die Redaktion · 16. Mai 2007
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"Eine biographische Collage" sei das Buch von Günter Wiemann, so die Historikerin Daniela Münkel. Aus Briefen, Notizen, politischen Dokumenten, sowie Zeitungsausschnitten und Auszüge aus seinen Tagebüchern ergebe sich ein lebendiges Bild von Kurt Gellert.

Der Sozialdemokrat Kurt Gellert stellte sich - in einer Zeit als die Nazis massiv die Stimmen der Großbauern gewannen - als Funktionär eines Kleinbauernbundes auf die Seite der Republik. Schnell wurde er zur Zielscheibe der Nazis. Die Situation eskalierte, als er Anfang Dreißiger Jahre in Notwehr einen SA-Mann erschoss. Er wurde zwar frei gesprochen, die Nazis erkannten diesen Freispruch nach der Machtübernahme 1933 jedoch nicht an. Sie stilisierten den Toten SA-Mann zum Märtyrer. Mit seiner Familie musste Gellert über die Niederlande nach Schweden fliehen. 1946 nahm er die schwedische Staatsbürgerschaft an.

Für die Sozialdemokratie engagierte sich Kurt Gellert sein Leben lang. Besonders der Jugendaustausch zwischen Schweden und Deutschland lag ihm am Herzen. Er selbst blieb "ein Zerissener" zwischen den beiden Ländern, so Münkel, seine eigentliche Heimat sei stets die Sozialdemokratie gewesen.

Drei Lehren gegen den Terror

Kurt Gellerts Sohn Börje war zur Buchvorstellung ins Willy-Brandt-Haus gekommen. Er erzählte davon, welche Angst sein Vater hatte, als er nach dem Krieg zum ersten Mal nach Deutschland einreiste. Die zahllosen Schriftstücke, die Gellert in Kartons und Koffern gesammelt hatte, übergab Börje vor einiger Zeit Autor Günter Wiemann. Der sortierte die zahllosen Dokumente und wertete sie für sein Buch aus.

Mit der Biographie ehrt Wiemann seinen Freund und politischen Weggefährten. Schließlich sollte mehr zurückbleiben von Gellerts politischem Leben "als eine magere Notiz" so Wiemann, der am Dienstag seinen 85. Geburtstag feierte. Er zitierte drei Lehren gegen den Terror - von links oder rechts - die ihm sein Freund Kurt Gellert mitgab: "Wehret den Anfängen. Überlasst den Extremisten nicht die Straße. Demokraten müssen auch bereit sein, die Republik nach innen mit Waffen zu verteidigen."

"Kurt Gellert. Ein Bauernführer gegen Hitler" ist sicher mehr geworden, als eine Randnotiz. Es ist Wiemanns Verdienst, dass der Kleinbauernbund und sein Eintreten gegen die Nazis in den Blickpunkt gerückt wurde.

Birgit Güll

Wiemann, Günter: "Kurt Gellert. Ein Bauernführer gegen Hitler", 375 Seiten, 29,80 Euro, ISBN 978-3-86602-935-4

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