Ai Weiwei ist ein Thema. Auch in Berlin, gerade in der Akademie der Künste (AdK). Draußen ergießt sich ein kräftiger Regen auf den Pariser Platz. Drinnen ist das Foyer voller Menschen, interessiert am Schicksal eines chinesischen Künstlers. Ai wurde am 3. April verhaftet. Seitdem ist er spurlos verschwunden und häufig Thema in den deutschen Medien. Fakt ist, dass die Umstände seiner Verhaftung selbst nach chinesischem Recht rechtswidrig sind. Selbst seine Familie kennt seinen Aufenthaltsort nicht, niemand weiß genau, was ihm der chinesische Staat vorwirft.
Die Veranstaltung in der AdK ist ausverkauft. Vor dem Hauptsaal gibt es eine Live-Übertragung für weitere Besucher. Trotzdem müssen Interessierte weggeschickt werden. Noch nie, freut sich AdK-Präsident Klaus Staeck, sei das Medienaufkommen derartig groß gewesen. All das zeige, "dass die Menschen Zwangsläufigkeiten wie die dieses Gewaltsystems nicht mehr hinnehmen".
Eine deutsche Ausstellung in China
Das deutsche Interesse hängt auch mit einer Ausstellung zusammen. Eine deutsche Ausstellung, die schon länger diskutiert und aufgrund der aktuellen Ereignisse abermals öffentlich in Frage gestellt wird. Zwei Tage vor der Verhaftung Ais hatte der deutsche Außenminister im Nationalmuseum in Peking die "Kunst der Aufklärung" eröffnet. Schirmherren sind Bundespräsident Wulff und der chinesische Staatspräsident Hu Jintao. Gezeigt werden Bilder, Skulpturen und Grafiken zu neun Kunstthemen des 18. Jahrhunderts, beispielsweise "Emanzipation und Öffentlichkeit".
Die Ausstellung kostet den Steuerzahler rund zehn Millionen Euro. Entsprechend hoch ist die öffentliche Aufmerksamkeit. Die Kritik ist vielseitig. Viele Chinesen werden sich den Besuch dieser Ausstellung nicht leisten können. Es gebe Probleme, das Thema zu vermitteln und in dem großen Gebäude des Museums sei die Ausstellung nur schwer zu finden, beworben wird sie auch nicht.
Aktuell flammt die Diskussion um die Ausstellung neu auf. Nach Ais Verschwinden stellen viele die Frage, ob deutsche Politiker etwas für den Künstler tun können und wenn ja, was. Ist öffentlicher Druck hilfreich? Oder sollten besser Diplomaten hinter geschlossenen Türen verhandeln?
Klaus-Dieter Lehmann, Präsident des Goethe-Instituts, betont, dass die Ausstellung trotz allem nicht ausschlaggebend für die Verhaftung Ais gewesen sei. Der Künstler sei schon länger im Visier der chinesischen Sicherheitsbehörden gewesen. Zudem bedauerte Lehmann, dass die Wirkung der Ausstellung in Deutschland fehle. Besonders vor dem Hintergrund, dass rund 100 deutsche Journalisten zur Eröffnung in Peking waren, sei das schwer zu verstehen.
Ausstellung schließen?
Auf einer Leinwand erscheint Ai bei einem "Akademie-Gespräch" im März 2010. Ai spricht darüber, dass es unmöglich sei, in seinem Heimatland die eigene Meinung frei zu äußern. Es fehle "deutlich an Wahrheit und Transparenz".
Sollte die Ausstellung abgebrochen werden? Wäre das ein geeignetes Druckmittel, um den chinesischen Staat zur Freilassung Ais zu bewegen? Die Expertenrunde auf dem Podium spricht sich für die Fortsetzung der Ausstellung in Peking aus. Auch der frühere Bundesminister Egon Bahr empfiehlt, die Ausstellung fortzuführen. Er erinnert daran, dass alle Regime, die versuchten, Kunst auszuschalten und Künstler zu unterdrücken, schließlich zusammenbrachen.
Die Diskutanten plädieren alle dafür, den kulturellen Austausch mit China möglichst nachhaltig zu gestalten. Wichtig sei ein dauerhafter Austausch zwischen deutschen und chinesischen Künstlern, den jeder nach seinen Möglichkeiten unterstützen sollte.
Ich komme aus der Fastnacht-Stadt Mainz am Rhein. Dort mache ich mein Volontariat in der Pressestelle der rheinland-pfälzischen SPD-Landtagsfraktion. Das Praktikum beim vorwärts hier in Berlin ist eine meiner Außenstationen.