Bereits im Mai hatte die Berliner Akademie der Bildenden Künste Alfred Döblin mit einer großen Festveranstaltung gewürdigt. Auf den ersten Blick war in den DRK Kliniken ein ähnliches Programm
zu erleben: Phil Jutzis Verfilmung von "Berlin Alexanderplatz", Lesungen aus Döblins Texten oder die bekannten Hörspiele und Originalaufnahmen des Autors. Und doch gab es einen ganz speziellen
Aspekt: Die Beschäftigung mit den Einflüssen von Döblins medizinischer Tätigkeit auf sein schriftstellerisches Werk.
Döblin übte den Arztberuf neben seiner Autorentätigkeit aus. Nach Abschluss des Medizinstudiums arbeitete er als Assistenzarzt an der städtischen Irrenanstalt Berlin-Buch. Danach war Alfred
Döblin als Internist im Krankenhaus Am Urban tätig, bevor er sich 1911 als "Spezialarzt für innere und Nervenkrankheiten" niederließ. Der Kassenarzt im Berlin der 20er erlebte die Auswirkungen der
Moderne auf die Psyche der Menschen und das beschleunigte Tempo der Großstadt aus nächster Nähe. Viele seiner Beobachtungen publizierte er in medizinischen Fachblättern.
"Eine dichterische und psychiatrische Glanzleistung"
"Eine dichterische und psychiatrische Glanzleistung" nennt der frühere Chefarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie der DRK Kliniken, Prof. Klaus-Jürgen Neumärker, Döblins
Novelle "Die Ermordung einer Butterblume". In seinem spannenden Vortrag setzte der Mediziner sich mit der Psychopathologie in Döblins Texten auseinander. Er zeigte auf, wie sich die Arbeit des
Arztes in jener des Schriftstellers wieder findet. Neumärker präsentierte Fallgeschichten sowie medizinische Fachartikel Döblins und ihre Entsprechung in den literarischen Texten.
So habe Döblin die Kenntnisse über psychopathologische Zustände, die er im Rahmen seiner Doktorarbeit gewann, fast zeitgleich in "Die Ermordung einer Butterblume" umgesetzt: Die Hauptfigur
verfällt dem Wahnsinn. Der Roman "Wallenstein" sei geprägt von Döblins Wissen über Begierde, Triebe und Affekte. Und im Großstadtroman "Berlin Alexanderplatz" beschreibe Alfred Döblin gekonnt die
"'Ich-Entwicklung' und 'Ich-Pathologie' eines Menschen vor dem Hintergrund gesellschaftlich-sozialer und politischer Verhältnisse".
Mit der Thematisierung seines Arztberufes beleuchtete "Seelenleben einer Metropole" eine interessante Facette des streitbaren Autors. Das Kunstfest zu Alfred Döblins Ehren war eine schöne
Würdigung des Schriftstellers.
Birgit Güll
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