Der Raum im Untergeschoss der Buchhandlung Dussmann ist völlig überfüllt, als Naomi Klein ihre "alternative Geschichte vom Aufstieg des Neoliberalismus" vorstellt. Milton Friedman präsentiert
sie als Chefideologen. Für Klein steht fest: der "Desaster-Kapitalismus" nutze Katastrophen, um Gesellschaften zu brechen. Mittels einer brutalen Schock-Strategie setze er im Moment der Krise seine
Ziele durch. Dabei stellt Klein eine Parallele zwischen Folter und dem Neoliberalismus her. Beide, so die Autorin, brechen Menschen, um sie zu manipulieren.
Beweisführung
Gemeinsam mit 600 Forschungsassistenten hat Naomi Klein vier Jahre daran gearbeitet, ihre These zu belegen. Bei der Buchvorstellung berichtet sie davon. Naomi Klein ist ein Medienprofi. Sie
wirkt energisch, lächelt und präsentiert ihre in sich geschlossene Beweisführung. Die Globalisierungskritikerin weiß, dass ihre Bücher Aufsehen erregen. "Die Schock-Strategie" wird kritisch
diskutiert, bisweilen als Verschwörungstheorie abgetan.
Leider nimmt ihr Gesprächspartner Johannes Kaiser die Möglichkeit zur Diskussion nicht wahr. Seine erste Frage gilt dem Umfang des Werks. Ob sie denn keine Angst gehabt habe, dass die Dicke
des Buches die Leser abschrecken könne. Sie nutzt die Zeit, ihre These deutlich zu machen, erzählt ihre blutige Geschichte des Neoliberalismus. Ganz nebenbei weist sie noch auf die Beteiligung von
Gastgeber Dussmann an "Homeland Security", dem Geschäft der privatiesierten Kriegsführung, hin - mit Sicherheitsfirma und Abschiebungseinrichtung.
Die Autorin hat sich an dem Abend in Berlin gut verkauft. Ihr Buch wird es auch werden. Kleins These ist interessant, ihre Beweisführung eindrucksvoll. Und doch bleibt ihre Darstellung sehr
einseitig. Bei Dussmann allerdings hatte sie auch gar keinen Grund, auf Gegenargumente einzugehen.
Birgit Güll
Naomi Klein: Die Schock-Strategie. Der Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus, Fischer Verlag 2007, 768 Seiten, 22,90 Euro, ISBN 978-3-10-039611-2
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