Kultur

Romantisch, clownesk, klassisch

von Gisela Sonnenburg · 27. Mai 2011
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Auf der Bühne geht oft alles so schnell: Tüllröcke fliegen vorbei, graziös trippeln Füße an der Rampe entlang. Hier wird eine Pirouette gedreht, dort eine akrobatische Pose eingenommen. Und dann soll man noch die Handlung verstehen oder die psychologische Entwicklung der Figuren. Für Einsteiger in die Kunst des Balletts ist das manchmal ein bisschen zuviel.

Die beste Möglichkeit, dem zu begegnen, ist, DVDs zu betrachten: Am Computer oder, noch besser, entspannt im "Pantoffelkino" lassen sich prägnante Passagen eines Stücks mehrfach ansehen. Man kann stoppen oder auch auf Zeitlupe schalten, um etwas wie mit der Lupe zu betrachten. Oder man sieht sich die Vorstellung in "Häppchen" an: Jeden Tag ein Stückchen mehr. Wer Gefallen findet, guckt sich das ergreifende tänzerische Geschehen immer mal wieder an. Wie einen Lieblingsspielfilm. Schließlich gibt es klassische und moderne Ballette, zu alter Musik, zu neuen Klängen, mit und ohne didaktische Note. Im Folgenden eine Auswahl, da sollte für jeden Geschmack etwas dabei sein.

See der menschlichen Schwäne

Klassisch-märchenhaft in der Anmutung, nicht nur für Teenager sozusagen ein "must", ist "Swan Lake","Schwanensee". Am schönsten wird er von dem attraktiven, auch als Model in der Modebranche arbeitenden Roberto Bolle und von Svetlana Zakharova, einer brillanten Ballerina aus St. Petersburg, getanzt. Die Musik von Tschaikowsky ist ohnehin berühmt. Die Aufzeichnung stammt aus der Mailänder Scala und ist - mit Nebelschwaden und Wasserfluten am See der menschlichen Schwäne - eine einzige Einladung, in Glücksgefühlen zu baden (Arthaus Musik, NTSC 107 177 29, 99 Euro).

Feder im Sommerwind

Bunt, aber ebenfalls virtuos, ziemlich zünftig und mit reichlich Komik und Clownerie gewürzt ist der "Don Quichot" vom Holländischen Nationalballett. Der blonde Peter de Jong, der Titelheld, ist eine Entdeckung an Charme und technischem Können. Seine Partnerin, die quirlige Anna Tsygankova, versprüht ebenfalls viel Flair und wirkt bei Spagatsprüngen so leicht wie eine Feder im Sommerwind. Ein mitreißender Spaß für die ganze Familie (Arthaus Musik, NTSC 101 561, 29,99 Euro).

Lebensgefühl der Renaissance

Modern und ernsthaft-elegisch ist dagegen "Caravaggio" vom zeitgenössischen Choreografen Mauro Bigonzetti. Das Staatsballett Berlin mit seinem Star Vladimir Malakhov bietet zu neuer, gut hörbarer Musik eine vollendet erotische, niemals zotige oder anzügliche Illustrierung des Lebensgefühls der Renaissance - anhand von zeitlos modernisierten und symbolisch aufgeladenen Szenen aus dem Leben des bekannten Malers Caravaggio (Arthaus Musik, NTSC 101 463, 29, 99 Euro).

Ballettmeisterliche Ausführungen

Wer seine schon vorhandenen Kenntnisse in Ballettgeschichte und sogar die der französischen Sprache aufbessern möchte, halte sich an Rudolf Nurejew. Der verstorbene Megastar steht im Zentrum von vier DVDs "Dancers Dream Box (Rudolf Nurejew)", die dokumentarisch die Arbeit Nurejews an der Pariser Nationaloper beleuchten. Untertitel sorgen für das wörtliche Verständnis der interessanten ballettmeisterlichen Ausführungen (Arthaus Musik, NTSC 107 015, 107 017, 107 021, 107 023, 59, 99 Euro).

Backstage-Flair

Eine aktuelle Collage -nicht mehr und nicht weniger - bietet "La Danse - Das Ballett der Pariser Oper". Die Doku von Frederick Wiseman lief erst Anfang des Jahres in den Kinos. Man schwelgt im Backstage-Flair: Klassik und Moderne, "Nussknacker" und "Medea" werden geprobt, mit Kostümen bestückt, auf die Bühne gestellt. Berühmte Choreografen wie Patrice Bart und Angelin Preljocaj sind bei der Arbeit genau beobachtet, ebenso das bewundernswerte Ensemble nebst Stars (Kool, Best.-Nr. DV 955 668, 15,99 Euro).

Jugendstil-Ambiente

Mit das Beste, das die Ballettgeschichte überhaupt zu bieten hat, ist "Josephs Legende" von John Neumeier. Die Aufzeichnung aus Wien von 1977 hat mit ihrer Ausstattung im Jugendstil-Ambiente vom Maler Ernst Fuchs und der dramatisch-eleganten Choreografie nichts an Würze verloren. Der junge, hingebungsvolle Kevin Haigen und die schwarze, dominante Judith Jamison sind ein Knüller! Pflicht für alle, die Ballett lieben lernen wollen (Deutsche Grammophon / unitel classica, 00440 073 4315, 27,99 Euro, alle Preise ohne Gewähr).

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