"Netto" war der beste Film des vergangenen Jahres. Es ist traumatisierend, dass jemand, der solch einen Film gemacht hat, Geldmangel hat", sagte die freie Journalistin Kathrin Schrader
fassungslos ins Mikro hinein.
Gerade hatte Regisseur Robert Thalheim für die DVD zu seinem Film geworben, gleichzeitig aber erklärt, er verdiene nichts mehr daran. Das ZDF hat für 30.000 Euro die Rechte an dem
preisgekrönten Film erworben. 29.600 Euro haben die Urheber für eine Kopie bezahlt, um diesen auf internationalen Wettbewerben vorführen zu können. Um Situationen wie diese ging es am Abend des 16.
April im Konferenzsaal der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Viel Renommee und fast kein Honorar
Tanja Dückers, Susanne Binas-Preisendörfer und Robert Thalheim saßen im Podium. Tanja Dückers ist Schriftstellerin und Journalistin, Kunstkritikerin und Kuratorin. Susanne Binas-Preisendörfer
lehrt nach einer Karriere als Musik- und Kunstwissenschaftlerin, Musikerin, freiberufliche wissenschaftliche Autorin und Managerin (Geschäftsführerin der Berliner Kulturveranstaltungs-GmbH in
Berlin) als Professorin für Musik und Medien am Institut für Musik an der Carl-von-Ossietzky-Universität in Oldenburg. Robert Thalheim ist nach Regieassistenz am Berliner Ensemble, Herausgabe eines
Kulturmagazins und Studium Theater- und Filmregisseur. Alle drei sind auf ihren Gebieten erfolgreich, bewandert im Multi-Tasking, ohne das man in Kunst und Kultur kaum voranzukommen vermag. Sie
gehören selbst zu dem Personenkreis, um dessen Arbeits- und Lebensbedingungen es im Bericht der Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland" geht.
Binas-Preisendörfer war zudem Sachverständiges Mitglied der Enquete-Kommission. Sachkundig führte sie als Moderatorin durch den Abend, verband Tanja Dückers Lesung aus ihrem Romanprojekt "Die
kreative Klasse. Zur Situation der Selbstständigen im künstlerischen Bereich in Deutschland" mit der Diskussion zu den Ergebnissen des Berichts der Enquete-Kommission und zum preisgekrönten Film
Thalheims "Netto".
Franziska Richter, seitens der Friedrich-Ebert-Stiftung zuständige Referentin, hatte in ihren einleitenden Worten davon gesprochen, dass soziale Probleme schon immer Teil des Künstlerlebens
gewesen seien, aber dass es die Frage wäre, ob diese nicht zu groß werden könnten. Der Eindruck allerdings war an diesem Abend (wie auch bei anderen Veranstaltungen ähnlicher Art) unbedingt zu
gewinnen.
Dückers zitierte Frank Bsirske, Ver.di, die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft Deutschlands, wolle Vertretung von Arbeitnehmermern und und Arbeitnehmerinnen, ebenso aber auch von
Arbeitslosen und Selbstständigen sein.
Risse in der Gesellschaft
Insbesondere die Zahl der Freien wächst. Es gibt weniger angestellte Beschäftigte. Deren Arbeits- und Lebensbedingungen könnten für die Gesellschaft immer prägender werden, war aus all dem
Vorgetragenen zu schließen.
Ging es auch an diesem Abend und in dem vorgestellten Bericht ebenso wie in Dückers Buch um die Kunst- und Kulturschaffenden, so wurde doch deutlich, dass Künstler offenkundig mehr und mehr
zum Prototyp des Schaffens unter ungesicherten Bedingungen werden.
Risse innerhalb der Gesellschaft zeichneten sich allerdings vertikal innerhalb der Berufsgruppen ab, war zu erfahren. So wurde zum Beispiel auf eine Arbeitslosigkeit von 50 Prozent bei
Architekten verwiesen.
Die Infamie solcher Verhältnisse trifft Künstler allerdings in besonderem Maße. So wussten Dückers wie Thalheim von Aufforderungen zu honorarfreier Arbeit zu berichten, die mit dem Spruch von
damit doch erfolgender Eigenwerbung verbrämt würden, zu berichten.
Aufgabe des Bundestages ist es, ordnungspolitische Rahmenbedingungen zu schaffen, die für Änderungen sorgten. Der über 500-seitige Bericht gibt dafür die notwendige Situationsanalyse.
Dorle Gelbhaar
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