Kultur

Potsdam privat

von Steffen Reiche · 20. April 2010
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Das Konzept ist einfach. Siebenhaar sucht sich Herausgeber, die mit einer Stadt sehr eng verbunden sind. Diese laden dann rund 66 Freunde und Bekannte ein, ihren jeweiligen Lieblingsort in der Stadt zu beschreiben. So entsteht ein Stadtführer von Bürgern für ihre Gäste mit ganz unterschiedlichen Ansichten und Ausblicken. In der Reihe sind schon Bücher über Berlin, Hamburg, Kassel, Heidelberg, Mannheim, Bonn und Darmstadt erschienen.

Potsdam gehört nach einer Unesco-Statistik zu den Top Ten der beliebtesten und attraktivsten Städte der Erde. Und wenn man dort gewesen ist, glaubt man, dass der alte preußisch-königliche Wunsch dass "dieses Eyland ein Paradies" werden soll, über die Jahrhunderte in Erfüllung gegangen ist. Das größte Unesco-Weltkulturerbe Europas liegt in Potsdam und zieht sich bis Berlin-Charlottenburg. Drei große Parks - Park Sanssouci, der Neue Garten und der Park Babelsberg - bilden mit der Flusslandschaft der Havel ein Ganzes und können über Tage erwandert und erkundet werden.

An der Hand von Potsdamern

Dort, wo Berlin am Schönsten ist, da heißt es Potsdam. Das spürt man, wenn man über die Glienicker Brücke in die brandenburgische Kapitale hineinkommt. Der Aufschwung der alten und neuen Hauptstadt zieht Potsdam mit. Jahrein jahraus kommen mehr Menschen nach Berlin und Potsdam. Und wer nicht in Potsdam war, der kennt Berlin noch nicht wirklich, denn die Residenzstadt ist die kleinere, wenn auch ältere Zwillingsstadt von Berlin.

In dem gerade erschienen Buch nehmen Geburts- und Wahlpotsdamer den Gast an die Hand und führen ihn zu ihren Lieblingsplätzen und erzählen, was ihnen dieser besondere Ort bedeutet. So entsteht ein dichtes Puzzle von Plätzen, die man gesehen haben muss, aber auch Orten, die man ohne das Buch nicht sehen würde. Die Texte sind so unterschiedlich wie ihre Autoren und erlauben eine immer wieder neue Art des Herangehens an verschiedene Orte.

Mit Matthias Platzeck auf dem Pfingstberg...

Man kann sich von Manfred Stolpe an die Hand nehmen lassen und mit ihm den Neuen Markt kennen lernen oder mit Matthias Platzeck den Pfingstberg erkunden. Danach geht es mit dem langjährigen Cicero-Herausgeber Wolfgang Weimer auf eine Wanderung um den Pfingstberg, ehe man sich mit Rolf Emmermann die älteste und schönste Wissenschaftslandschaft in Deutschland, den Telegrafenberg, anschaut und beim Einsteinturm vorbeigeht.

Oder man lässt sich vom Präsidenten der Preußischen Schlösser und Gärten, Hartmut Dorgerloh, den Kreuzgang an der Friedenskirche zeigen und geht danach mit dem Erfinder der Filmtour in den Filmpark Babelsberg. Man kann sich von Deutschlands Klimapapst Hans Joachim Schellnhuber "seine" Heilandskirche in Sacrow zeigen lassen oder mit Berlins Innensenator Ehrhardt Körting einen Spaziergang um die Ortschaft Nattwerder machen.

...und Lothar Bisky in Stalins Schlafzimmer

Linke-Chef Lothar Bisky erzählt einem, wie er in Stalins Schlafzimmer arbeitete und Traudl Bauscher lebt heute dort, wo einst Adenauer wohnte, als für ihn Berlin und Potsdam noch nicht gefährlich nah an Moskau lagen. Man kann sich von der Intendantin des rbb, Dagmar Reim, die Dampferanlegestelle an der Agentenaustauschbrücke zeigen lassen oder die ehemalige Brücke der Einheit mit der Bundestagsabgeordneten Katherina Reiche ansehen, ehe man mit Steffen Reiche am besten abends in die Welt der Römischen Bäder eintaucht.
Man braucht für die 66 Lieblingsort nicht 66 Tage, aber mehr als sechs Tage oder sechs Besuche in Potsdam kann man mit diesem Buch schon machen.

Steffen Reiche (Hrsg.): Potsdam, wo es am schönsten ist, B&S Siebenhaar Verlag, Berlin 2010, ISBN: 3936962170

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