Kultur

Politische Standpunkte

von Dagmar Günther · 11. Oktober 2007

Mit ihren politischen Essays wollen die Autoren eine öffentliche Debatte über europäische Außenpolitik anstoßen. Herausgeber der Reihe ist der Publizist und Präsident des Genfer Graduate Institute of International and Development Studies Roger de Weck. Die ersten drei Bände von Stephan Bierling, Erhard Busek und Eric Gujer sind soeben in der edition Körber Stiftung erschienen.

"Die USA einspannen"

"Europa steht nur ein Weg offen, will es im 21. Jahrhundert eine gewichtige Rolle in der Weltpolitik spielen: die Juniorpartnerschaft mit den USA." Stephan Bierling, Professor für Politologie an der Universität Regensburg ist überzeugt, dass ein Bündnis mit der einzigen Supermacht der Welt, Europa die Durchsetzung der eigenen außenpolitischen Ziele erleichtern würde. Dazu müsste die EU allerdings geschlossen gemeinsame Absichten verfolgen.

Die Frage ist: Warum sollte die USA an einer Partnerschaft mit Europa interessiert sein? Die Europäer, antwortet Bierling, hätten etwas zu bieten, nämlich Legitimität. Außenpolitische Engagements der Vereinigten Staaten seien erfolgreicher, wenn sie von Europa mitgetragen, und damit international legitimiert würden. Europa müsse allerdings seine Rolle als Juniorpartner in der transatlantischen Beziehung akzeptieren. Es wäre zwar nicht in der Lage, quantitativ dieselben Risiken wie die Vereinigten Staaten zu tragen - qualitativ müsste es jedoch dazu bereit sein.

Sich von den USA "Huckepack" nehmen zu lassen, bedeute allerdings keineswegs den Vereinigten Staaten bedingungslos zu folgen. Dissens könne geäußert werden - entscheidend sei aber die Form: denn Gefolgschaftsverweigerung sei etwas anderes als öffentliche Stimmungsmache gegen die Politik der USA, so Bierling. Und letztlich schade offensiver Antiamerikanismus auch der europäischen Integration. Die Mehrheit der 27 EU-Mitgliedsstaaten sei schließlich pro-amerikanisch.

"Zu wenig, zu spät"

Auch Erhard Busek, der Leiter des Stabilitätspaktes für Südosteuropa, ist sicher, dass Antiamerikanismus nicht der Schlüssel zur Europäischen Einheit ist. Busek stellt ein europäisches Wachstumsproblem fest. Der Fall des Eisernen Vorhangs habe ein völlig neues Europa hervorgebracht - das allerdings unfähig sei, sich auf diese veränderte Lage einzustellen. "Bis heute ist die Repräsentanz Europas und seiner Einheit noch nicht gelungen, es herrscht die 'neue Unübersichtlichkeit'."

Die EU müsse lernen, ihre Einigkeit zu nutzen. Derzeit nehmen die 27 Mitgliedsstaaten ihre Stärke und Macht nicht zur Kenntnis. Aber genau das sei für eine europäische Krisenpolitik unumgänglich. Und Europa, so Busek, brauche ein ständiges Krisenmanagement - nicht nur im Fall einer akuten Krise. In schwierigen Situationen müsse es richtig reagieren. Denn künftig werde es kaum Krisen geben, von denen Europa nicht betroffen ist. Es gelte, meint der Leiter des Stabilitätspaktes für Südosteuropa, "aus Krisen Lehren zu ziehen und damit unsere Leistung für Europa zu verbessern". Zehn Lehren formuliert Busek in dem Essay "Zu wenig, zu spät. Europa braucht ein besseres Krisenmanagement".

"Deutschland ist eine Großmacht"

Seine wirtschaftliche, politische und militärische Stärke machen Deutschland zu einer der Großmächte in der globalisierten Welt, erläutert Eric Gujer. Der gebürtige Schweizer und langjährige Deutschland-Korrespondent der "Neuen Zürcher Zeitung" legt den Deutschen in "Schluss mit der Heuchelei. Deutschland ist eine Großmacht." nahe, diese Rolle auch wahrzunehmen.

Was fehle, sei eine breite Debatte darüber, welche Rolle das Land in der Außenpolitik übernehmen will. Eric Gujer möchte Deutschland ermutigen, diese Diskussion zu führen, und seine Handlungsmöglichkeiten zu nutzen. Das Land könne eine aktive Rolle in der globalen Außenpolitik spielen. Dazu müsse es allerdings bereit sein, Entscheidungen zu treffen - und sie im eigenen Land zu vermitteln.

Klar und knapp formulieren die drei Autoren ihre Standpunkte. Sie regen zum Nachdenken an - und hoffentlich zur Diskussion.

Birgit Güll

Stephan Bierling: Die Huckepack-Strategie. Europa muss die USA einspannen, 110 Seiten, 10 Euro, ISBN 978-3-89684-132-2

Erhard Busek: Zu wenig, zu spät. Europa braucht ein besseres Krisenmanagement., 90 Seiten, 10 Euro, ISBN 978-3-89684-131-5

Eric Gujer: Schluss mit der Heuchelei. Deutschland ist eine Großmacht, 110 Seiten, 10 Euro, ISBN 978-3-89684-130-8

Autor*in
Dagmar Günther

war bis Juni 2022 Chefin vom Dienst des vorwärts.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare