Kultur

Nur beschränkt glücklich

von Fréderic Verrycken · 12. Februar 2007

Die Zusammenhänge zwischen Wirtschaftsleben und Glück legt er anhand zahlreicher empirischer Untersuchungen dar und unterlegt diese mit anschaulichen persönlichen Beispielen. Ihm zufolge sind wir in von der Gesellschaft vorgegebenen Wegen zum Glücklichsein gefangen:

So hetzen wir hohen Gehältern, überflüssigen Statussymbolen und diversen Rankings hinterher, ohne dabei glücklicher oder zufriedener zu werden. Diese Verhaltensstrukturen werden uns von den Medien als allein selig machendes Lebensmodell verkauft. Und niemand stellt sie ernsthaft in Frage.



Für nichts bleibt mehr Zeit - und Schuld sind wir selbst

Zunehmend würden die Menschen mit einer Masse von kleinen, zutreffenden Entscheidungen belästigt, wie etwa der Wahl der richtigen Joghurtsorte oder des Fernsehkanals. Diese "Multioptionstretmühle", wie Binswanger sie nennt, artet zunehmend in Tyrannei und beispielloser Ineffizienz für das eigene Leben aus.

Da der Tag immer noch nur 24 Stunden hat, leiden wir zunehmend unter Stress, für nichts mehr Zeit zu haben.



So verlieren wir die wichtigen und glücklich machenden Tätigkeiten, wie ein Essen mit guten Freunden aus den Augen. Zugleich räumt er ein, dass die Wirtschaft bestimmte Strukturen braucht, um ein Wachstum angesichts übersättigter Märkte überhaupt noch erreichen zu können. Binswanger plädiert für effizienteres Arbeiten ohne Konkurrenzkämpfe. Die Firmen sollten auf ein vernünftiges Verhältnis der Gehälter ihrer Spitzen-Angestellten zu den übrigen Angestellten achten.

Fortsetzung von "Simplify your Life"?

Im zweiten Teil seines Buches entwickelt er Strategien, um den "Tretmühlen" des Glücks halbwegs zu entkommen. Sein Credo: Jeder solle sich auf die wichtigen Dinge, wie Partnerschaft, Familie, Beruf konzentrieren und sich nicht von den Medien das Leben vermiesen lassen. Binswanger will nicht auf der Trendwelle der "Simplify your Life"-Bücher mitschwimmen, wie er immer wieder betont. Trotzdem ist das Buch im Grunde genommen nichts anderes. Dank eines

unterhaltsamen und sympathischen Schreibstils ist es dennoch interessant zu lesen - nur bringt es einen nicht weiter.

Maxi Hönigschmid



Mathias Binswanger: Die Tretmühlen des Glücks. Wir haben immer mehr und werden nicht glücklicher. Was können wir tun?,

Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 2006, 224 Seiten, 9.90 Euro, ISBN-13:978-3-451-05809-7

Autor*in
Fréderic Verrycken

Chefredakteur der DEMO, Fraktionsvorsitzender der SPD in der Bezirksverordnetenversammlung Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf

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