"Millionen Menschen fern ihrer Heimat, zu einem sinnlosen Gemetzel gezwungen und in ständiger Todesangst - das trennt nicht nur, das verbindet zuweilen auch," schreibt Rieker. Aus
Tagebüchern, Feldpostbriefen oder aus bereits erschienen Büchern hat der Journalist Zeugnisse von Verbrüderungen an der Front im ersten und zweiten Weltkrieg zusammengetragen. Es sind berührende
Erinnerungen von Menschlichkeit mitten im technisierten Morden.
Gerade Weihnachten an der Front war häufig ein Anlass für inoffizielle Waffenruhen. Der deutsche Artillerieoffizier Hans Risch erzählt von einer Verbrüderung mit den Russen: "Die brachten
Brot, Zucker, Seife zu uns und bekamen von uns Zigaretten."
Offiziell waren diese Annäherungen streng verboten. Und für den "Friedensboten" bargen sie stets ein besonders hohes Risiko: Schließlich konnte er nie wissen, ob auch der Gegner zur
Waffenruhe bereit war. Trotz allem gab es sie, diese Akte von Menschlichkeit, die Rieker als "Protest gegen den offiziell verordneten Hass, gegen den Wahnsinn des Krieges" wertet. Und sie waren gar
nicht selten.
Rieker ist sicher, "wenn die beiden Weltkriege überhaupt einen trostreichen Aspekt erkennen ließen, dann waren es die Versuche von Frontsoldaten, mit dem Feind in freundschaftlichen Kontakt
zu treten." Die Erinnerungen, die der zweifache Theodor-Wolff-Preisträger Rieker gesammelt hat, beleuchten eine wenig thematisierte, sehr persönliche, Facette des Krieges.
Birgit Güll
Rieker, Heinrich: "Nicht schießen, wir schießen auch nicht! Versöhnung von Kriegsgegnern im Niemandsland 1814-1918 und 1939-1945". Donat Verlag, Bremen 2007, 176 Seiten, 14 Euro, ISBN
3-938275-18-9
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